Wie auf ’ner Achterbahn
Ich schaue immer wieder mit Freude zu, wenn Kids aller Alters- und Leistungsklassen auf Jugendturnieren ihre Klingen kreuzen. Wenn mir dabei der Spaß verdorben wird, liegt das irgendwie nie an den Akteuren, sondern stets an deren Eltern. Und ganz ehrlich? Ich würde jederzeit eine Petition unterschreiben, welche den Titel trägt: »Mamis und Papis, die ihren Mund aufmachen, um über Tennis zu sprechen, werden sofort vom Gelände eskortiert!« Um meine Gedanken zu sortieren, empfehle ich folgende drei Phasen: vor einem Match, während einer Partie und nach einer Begegnung.
Gleich vorne weg: von mir aus haben wir hier den für uns Eltern und Coaches schwierigsten Part. Wie viele tausend Tode bin ich am Rande der Tennisplätze gestorben. Ob nun eines meiner Kids ein »kleines Match« auf Bezirksniveau zockt oder eine meiner Profispielerinnen auf einem der großen Centre-Courts dieser Welt um 100.000 Dollar hoch oder runter kämpft: Du sitzt daneben und kannst praktisch nichts tun! Bist komplett hilflos!
Machtlos wie auf einer Achterbahn
Das ist alles ganz locker, solange sich unser Schützling auf einem komfortablen Weg zum Sieg befindet. Oder hoch verliert und wir mit gutem Gewissen attestieren können: „Hey, der Gegner ist heute einfach eine Nummer zu gut!” — Was für Höllenqualen sind das jedoch, wenn sich das Match in die Länge zieht. Offener Ausgang. Wie ein Ball, der unentschlossen auf der Netzkante balanciert und sich fragt, ob er nun auf die eine oder andere Seite fallen möchte. Wir fiebern mit! Wir leiden mit! Befinden uns auf einer Achterbahn der Gefühle. Das Schlimmste ist: wir können und dürfen — ebenfalls wie auf einer Achterbahn — nichts tun… Unser Zögling ist in der Hitze des Gefechtes. Kämpft um jeden Punkt! Die Nerven liegen oftmals blank! Ein Cocktail aus diversen Chemikalien putscht seinen Körper in die richtige Spannungslage, genauso, wie sich ein buntes Durcheinander von positiven sowie negativen Gedanken und Emotionen in seinem Kopf je nach Spielstand gegenseitig bis aufs Blut bekämpft!
Sei der Fels in der Brandung!
Was braucht unser Spieler nun, wenn er in einer solch immensen Stresssituation nach draußen schaut und Blickkontakt mit uns aufnimmt? Gewiss keine klugen Sprüche! Erst recht keine abfälligen Worte oder Gesten. Da könntet Ihr Euch ebenso mit dem Gegner verbünden! Keine eingefallene Körperhaltung und die Finger zum Nägelkauen zwischen den Lippen. Oder der Knüller — habe ich des Öfteren gesehen und trotzdem jedes Mal Mitleid mit diesen Kindern: Eltern stehen demonstrativ auf und verlassen den Tennisplatz bzw. das sinkende Schiff… wie die Ratten… das Kind schaut zu uns nach draußen, weil es Hilfe braucht! Unser Kind will und braucht Euch als der Fels in der Brandung! Es möchte, dass Ihr da draußen sitzt und signalisiert: „DU machst das toll! Ich glaube an DICH! DU packst das! Ich bin bei DIR! Egal was passierst, ich liebe DICH!” Das alles kann ohne Worte gezeigt werden, nur mit einer guten, gesunden Sitzhaltung, erhobenen Schultern, einem entschlossenen und positiven Blickkontakt, angenehmer Körperspannung! Gepaart mit einer aufmunternden Geste!
Auch die Eltern müssen viel lernen!
Wie schon eingangs erwähnt: das ist richtig schwer! Aber, unsere Kinder werden nicht als große Sieger geboren, Sie müssen viel lernen! Genauso sollten wir unsere Situation am Spielfeldrand betrachten: auch WIR müssen viel lernen! Aber lasst Euch eines vom Profi sagen: es lohnt sich! Auf, und abseits des Tennisplatzes!