Turniere
„Gute Tennisspieler werden auf dem Trainingsplatz gemacht, NICHT auf Turnieren!“ Natürlich müssen Eure Kids immer wieder mit Wettkampfsituationen konfrontiert werden, um überprüfen zu können, ob ihr Spiel siegbringend funktioniert. Match- und Turniererfolge sind darüber hinaus unglaublich wirksame Motivationsspritzen! Leider wird jedoch, auch von Verbandsseite, zu früh zu viel Wert auf Ranglistenpositionen gelegt.
Kinder, deren Eltern sich von solchen kurzfristig ausgelegten Zielformulierungen blenden lassen, haben langfristig keine Chance auf eine Tenniskarriere, welche eine mediale Erwähnung im Lokalblatt übersteigt. Bestes Beispiel: Sind die Williams-Schwestern jemals auf einer Jugend-Rangliste aufgetaucht? Nöö. Sie haben lieber gut trainiert und haben dann gleich die WTA-Damen-Rangliste gerockt! Gemeinsam haben sie schlappe 150 Millionen US-Dollar an Preisgeld eingefahren, weitere circa Hunderte Millionen durch »Nebengeräusche«.
Eine Story aus meiner Racketbag: René war in sämtlichen Jugendklassen die Nummer Eins in den Verbandsranglisten. Auch bei den Deutschen Meisterschaften war er regelmäßig vorne dabei. Die Regale in seinem Zimmer bogen sich unter der Last der vielen Pokale und Medaillen. Der Blick in das Zimmer hat mich immer an einen Besuch bei Ferrari in Maranello erinnert. Immer wieder aber war ich mit seinem Vater im Clinch. Ich habe immer wieder davon abgeraten, so derart viele Turniere zu melden und stattdessen lieber mehr Zeit in das Konditionstraining und vor allem in die Ausbildung seines Linkshänder-Aufschlags zu investieren. Leider wollte der liebe Herr Papa nicht hören — vielmehr führte sein Weg zu einem weniger kritischen Trainer. „Hey, mein Sohn macht gerade Promotion-Fotos mit einem großen Schlägerhersteller, zusammen mit Roger Federer. Das Motto der Kampagne: »The next Generation is coming!« So in etwa kanzelte er mich und mein mangelndes Urteilsvermögen ganz lässig ab.
Hey, ich sage das ohne böses Blut oder Schadenfreude: in diesem Falle kommt die nächste Generation über ein paar Regale mit wertlosem Gerümpel sowie einem netten Erinnerungsfoto mit dem »Maestro« nicht hinaus, denn auch große Schlägerhersteller können sich irren…
Bitte versteht mich nicht falsch: Turniere sind sehr wichtig! Aber die Arbeit auf dem Trainingsplatz ist viel wichtiger! Der Spieler soll dann bereit sein, wenn es an’s Eingemachte geht. Und das ist erst beim Übergang ins Damen- beziehungsweise Herrentennis der Fall. Dass zur Vorbereitung auch in der Altersklasse U18 Wettkampfeinsätze schon leicht erhöht werden können, ist okay. Ihr könnt Euch auch gerne an Euren Kids orientieren, was die Turniereinsätze angeht. Euer Kind muss mit den Hufen scharren, es muss »richtig Bock« auf den Turniereinsatz haben! Wichtig ist auch der Umgang mit Turnierleitung, Oberschiedsrichtern und natürlich auch der Umgang mit anderen Tenniseltern sowie der Tatsache, dass man sich sprichwörtlich immer zwei Mal im Leben trifft. Auf dem Tennis-Circuit sehr wahrscheinlich sogar noch deutlich häufiger. Da ist es gerade für Eure Kinder ein riesiger Vorteil, ein paar Freunde zu haben.
Beispiel gefällig? Ihr habt letztes Jahr mit dem Turnierleiter ein nettes Schwätzchen gehalten und habt Euch nach dem Turnier nochmals für die tolle Organisation bedankt. Dieses Jahr braucht ihr eine spätere Startzeit für die erste Runde, weil Euer Kind länger Schule hat. Die Chance ist sehr groß, dass die Turnierleitung sich an Euren Namen positiv erinnert und Euer Anliegen gerne berücksichtigt. Bei einem der letzten Turniere gab es in einem Match Deines Schützlings Zoff wegen einer strittigen Linienentscheidung. Der Oberschiedsrichter musste anrücken und entschied gegen Euch. Darauf hast Du ihn wegen seiner unmöglichen Entscheidung und ganz allgemein wegen seiner Inkompetenz angemacht. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er in einem neuen Fall für Dein Kind entscheidet?
Auch ein freundschaftlicher Umgang mit anderen Tenniseltern kann Vorteile bringen. Sei es eine Fahrgemeinschaft zu einem Turnier, eine Trainingsgemeinschaft in den Schulferien, Berichte über andere Turniere oder bevorstehende Kontrahenten oder auch nur ein wertvoller Hinweis über einen neuen, kompetenten Trainer. Leute, bitte versteht mich nicht falsch: Ihr sollt jetzt nicht bei jedem Turnier in jeden Hintern kriechen, aber »ein bisschen nett« kann durchaus von Vorteil sein, vor allem für Euer Kind!
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