Turnier-/Wettkampfbetreuung
Die Freiluft-Saison hat mittlerweile begonnen und ermöglicht den ambitionierten Spieler*innen trotz Corona-Krise unter bestimmten Auflagen wieder an Turnieren und Wettkämpfen teilzunehmen, was vor allem wichtig für die Motivation der Aktiven ist. Dies möchte ich zum Anlass nehmen, um auf einen für uns Coaches wichtigen Bereich einzugehen, nämlich die »Turnier- und Wettkampfbetreuung«.
Für mich als Coach ist die Turnier- und Wettkampfbetreuung neben dem Training ein wesentlicher Baustein, um meinem Schützling dabei zu helfen, sich rasch weiterentwickeln zu können. Schließlich muss ich schauen, wie sich mein Schützling unter Wettkampfbedingungen verhält, denn die unterscheiden sich mitunter deutlich von der Trainingssituation. Die Gründe liegen auf der Hand:
- ungewohnte Umgebung. So unterscheiden sich Platzdimensionen und ‑qualität oftmals von der Trainingsstätte
- ungewohnte äußere Einflüsse wie Lärm oder auch gegnerische Fans
- Gegner*in hat eine Spielweise, mit welcher der Schützling nicht zurechtkommt
- mental hohe Belastung aufgrund eines unangenehmen Gegners oder aufgrund der Turnierwertigkeit
Die soeben erwähnten Beispiele können auf den eigenen Schützling einen ganz unterschiedlich starken Einfluss haben. So gibt es meiner Erfahrung nach beispielsweise Spieler*innen, die gerne Matches von hohem Stellenwert spielen, weil sie sich dann leichter motivieren können. Andere Spieler*innen wiederum fühlen sich bei derartigen Matches, durch den von ihnen selbst auferlegten Druck wie »gelähmt« und können ihr Leistungspotenzial im Verlauf des Matches bei weitem nicht abrufen.
Was der jeweilige Schützling für ein Typ ist und wie sie/er damit umgeht, kann vor allem durch die Betreuung des Schützlings bei einer Vielzahl an Matches, in denen sie/er unterschiedlichsten Situationen ausgesetzt ist, vom Coach eingeschätzt werden. Natürlich sind Gespräche mit dem Schützling nach dem Match im nächsten Training auch eine Option und hilfreich, sie können meiner Meinung nach eine Vor-Ort-Betreuung durch den Coach aber nicht gänzlich ersetzen. Die Vorteile einer Betreuung durch den Coach vor Ort können dabei unter anderem folgende sein:
- schweißt Coach und Schützling als Team noch mehr zusammen und erleichtert so den weiteren Trainingsprozess
- Schützling fühlt sich nicht alleine und das Vertrauen wird gestärkt
- genauere Analyse und dadurch viel genauere Planung/Schwerpunktsetzung für die folgenden Trainingseinheiten möglich, um den Schützling auf weitere Matches noch besser vorbereiten zu können
- nach dem Match ist mit Hilfe des Coaches eine sachliche und emotionslose Bewertung der Leistung unabhängig vom Ergebnis möglich, was vor allem bei Kindern und Jugendlichen sehr wichtig ist
Der Stellenwert der sachlichen und emotionslosen Bewertung des Matches durch den Coach ist dabei nicht zu unterschätzen. Denn eine solche Bewertung kann sowohl auf den weiteren Turnierverlauf, als auch auf die danach folgenden Trainingseinheiten einen großen Einfluss haben. So kann ein Schützling gerade ein Match knapp verloren, dabei aber eine tolle Leistung geboten haben und mittels einer entsprechende Analyse durch den Coach kann der Schützling trotz, oder gerade wegen dieser Niederlage extrem motiviert sein, weil sich das Team auf dem richtigen Weg sieht.
Im Umkehrschluss muss aber auch bei einem Sieg nicht alles positiv gewesen sein. Auch in diesem Fall sollte eine klare Analyse erfolgen, bei der auch mögliche Defizite angesprochen werden. So wird dem Schützling am Ende klar gemacht, dass es nicht immer um nur Sieg oder Niederlage geht, sondern auch um die Art und Weise, wie das Ergebnis zustande gekommen ist, da dies ist für die weitere Leistungsentwicklung ausschlaggebend sein kann.
Wir sollte nun eine optimale Turnier- und Wettkampfbetreuung speziell für Kinder und Jugendliche aussehen? Nun, da gibt es einige Dinge, die unbedingt eingehalten werden müssen und Dinge, die sehr individuell gestaltet werden können/sollen:
- vor Turnierbeginn abklären, auf welchem Belag und mit welchen Bällen gespielt wird und dies in den Trainingseinheiten davor entsprechend berücksichtigen
- mit dem Schützling rechtzeitig abklären, ob das Equipment passt (sind die Schläger neu bespannt, die Schuhe in Ordnung etc.)
- auf Ernährung achten (was sollte wann gegessen werden)
- Anreise mit entsprechender Vorlaufzeit planen (genügend Zeit, um sich in Ruhe vorbereiten zu können)
- Einschlagen wenn möglich vor Ort, um sich auf die Bedingungen einstellen zu können
- Aufwärmrituale festlegen (wann, was, wie lange)
- Notizen zum Match machen (Akribie und Umfang können variieren)
- Cool-down-Programm nach dem Match durchführen (auslaufen, dehnen, etc.)
- Abschlussbesprechung (Zeitpunkt sehr individuell gestaltbar und abhängig vom Schützling selbst sowie vom Ausgang des Matches)
- Betreuung des Schützlings in den Matchpausen (ebenfalls sehr individuell zu gestalten)
- wenn möglich: gemeinsame Beobachtung des/der nächsten Gegner*in
- Spiele wie beispielsweise Schach (für die Konzentration) oder auch einfach Spiele, bei denen der Schützling abschalten kann und die für die Stimmung positiv sind
- Erziehung zur Selbstständigkeit (Schützling meldet sich selber bei der Turnierleitung an und organisiert sich eine(n) Doppelpartner*in sowie Trainingsmöglichkeiten)
Neben all den soeben erwähnten Richtlinien sollte nicht vergessen werden, dass es speziell für Kinder und Jugendliche auch darum gehen sollte, mit Freude an Turnieren teilzunehmen. Und dazu gehört, auch in den Pausen mit anderen Spieler*innen Zeit verbringen zu können, natürlich nur, wenn es der Zeitplan zulässt. Denn der Schützling sollte lernen, dass man zwischen Wettkampf und Freizeit differenzieren muss. Unter anderem ein Trend, der im Vergleich zu damaligen Zeiten im Profitennis immer häufiger zu sehen ist. Bestes Beispiel hierfür sind Dominic Thiem und Alexander Zverev, die sich auf dem Platz nichts schenken, danach aber bestens verstehen und befreundet sind. In diesem Sinne wünsche ich Euch einen kühlen Kopf und viel Spaß bei der Betreuung Eures Schützlings!