Wenn’s eng wird…
Hallo Stephan! Gern lese ich auf diesem Portal Deine Beiträge. Heute habe ich selber einmal eine Frage: Bei 1:1 im ersten Satz oder gar bei einer Führung leicht und locker aufzuspielen, schaffen viele Spielerinnen und Spieler. Wie aber behält man sich seine Lockerheit in den Schlägen und vor allem im Kopf beim Stande von 4:5 im entscheidenden Satz oder wenn es im Tiebreak zur Sache geht? Ich jedenfalls spiele dann immer anders, als es mir möglich wäre und als ich eigentlich möchte.
Stephan Medem: Coole Frage! Natürlich ist es relativ easy, beim Stande von 1:1, 2:2 oder bei einer großzügigen Führung locker und lässig Tennis zu spielen. Das Kunststück der großen Champions ist ja, gerade in den brenzligen und Matchrelevanten Situationen gutes oder teilweise sein bestes Tennis abzurufen. Entscheidend ist hierbei schlussendlich die »Spannung«. Was meine ich damit?
Wenn wir einen Krimi lesen oder schauen, dann wollen wir Action und Spannung haben. Ansonsten werden wir vermutlich das Buch gelangweilt zur Seite legen bzw. die Glotze ausmachen oder auf ein anderes Programm schalten. Im Match wollen wir eher keine Spannung. Wir schauen gerne spannende Spiele, sind wir jedoch selbst in dieser Situation, versagen unsere Nerven. Daher gibt es meiner Meinung nach zwei Dinge zu beachten!
Erstens: Baue ein positives Verhältnis zur Spannung auf - „Cool, 4:4, endlich wird’s spannend, jetzt geht’s zur Sache, ich freue mich!“ Tiebreak? Genial, jetzt ist jeder Punkt ein Big-Point, let’s go!“ So etwas oder ähnliche Selbstgespräche sorgen für das richtige Mindset.
Zweitens: Regelmäßiges Trainieren von engen Scores — zum Beispiel im Trainingsmatch »Best-of-Five« oder »Best-of-Seven« spielen, jeden Satz bei 4:4 beginnen. Das gleiche Prozedere mit Tiebreaks oder Match-Tiebreaks spielen.
Bei diesen Spielchen den Druck erhöhen und um Einsätze spielen. Ihr müsst ja nicht gleich um den monatlichen Paycheck oder das Taschengeld zocken, aber pro Satz um 20 Liegestützen, Kniebeugen, Runden um dem Platz oder ähnliches spielen. Es muss ein Einsatz sein, der auch ein bisschen weh tut, wenn man verliert — ansonsten bringt die Sache natürlich nichts. Aber auf diese Art freundest Du Dich mit spannenden Spielsituationen an und gehst dadurch mit mehr Erfahrung und einem positiven Mindset zur Sache.