»Pro« oder »Influencer«
Ich habe eine Frage an Sie, die ich aus einer vollkommen anderen Perspektive herausstellen möchte: Nämlich aus Sicht einer Spielerin, die ich persönlich auf ITF-Ebene betreue. Sie ist, so möchte ich behaupten, mediensüchtig. Gefühlt gibt es nichts, was an ihr vorbei segelt: Kein Ergebnis, kein Turnierbericht und kein Post in den sozialen Medien zum Thema Tennis. Das ist ganz furchtbar. Ich selbst schätze Smartphone und iPad sehr, nutze es aber nur für die wirklich wichtigen organisatorischen Dinge. Bei meiner Spielerin ist es aber so, dass sie sich von dem Medien- und Informationswahn sowie den vielen Kommentaren (auch und vor allem zu ihrer eigenen Person) enorm beeinflussen lässt und ihre sportlichen Leistungen darunter leiden. Ich habe schon mehrfach gebeten, die Mediensucht etwas herunterzuschrauben, bislang ohne Erfolg. Haben Sie da einen Rat?! PS: Ich werde dieselbe Frage auch an Toni Witz und Marc-Kevin Goellner senden, die ja auf Ihrem Portal für die Bereiche Coaching und Profisport verantwortlich sind. So erhoffe ich mir eine umfassende Beratung von mehreren Seiten. Ich danke Ihnen allen sehr, denn ich möchte nicht, dass die bis hierher sehr, sehr gute Zusammenarbeit mit meiner Spielerin einen Bruch erfährt!

Frank Hofen: Lieber Heiko, geben Sie ihr doch den simplen Rat, dass Tennisspielen an den Nagel zu hängen und fortan als Influencerin oder als Bloggerin zu verweilen. Da sollen es auch einige zu halbwegs erfolgreichen bzw. bekannten Persönlichkeiten gebracht haben. Ist aber nur eine flapsige Anmerkung von mir. Nun zu Ihrem ersten Problem! Wenn Ihre Spielerin ihre sportliche Karriere professionell fortsetzen will, dann muss sie sich auch darauf konzentrieren. Nun ist mir nicht bekannt, wir Ihre Betreuung aussieht? Gemeinsame Trainingsarbeit? Nur zu Turnieren? Wie sieht das im Elternhaus aus? Also für mich auch offene Fragen, so dass ich da nur recht vage Ratschläge geben kann. Meinerseits gehe ich einmal davon aus, dass Sie Ihre Spielerin ernsthaft betreuen, sowohl während der Trainingsphasen als auch auf Turnieren. Sie geben ihr sicherlich die entsprechenden Zeiten im Detail vor, an die sie sich zu halten hat. Wie zum Beispiel Trainingsbeginn, Abfahrtzeiten oder Spielansetzungen.
Nun gibt es für mich keinen Anlass, die Social Media-Kanäle zu verurteilen. Sie bieten auch viel Positives, wie unter anderem Ergebnisse von Spielerinnen auf ihrem Level, Entwicklungen im Tennis- und Trainingsalltag, Features aus der Tenniswelt. Das wiederum vermittelt einen aktuellen Kenntnisstand, der auch für Ihre Spielerin im Umgang mit den Anderen enorm wichtig ist. Sie muss natürlich über das Tennisbusiness Bescheid wissen. Ansonsten sieht sie bei ihren Altersgenossinnen alt aus, denn das Nichtwissen ist ein Makel!
Um das Ganze nicht eskalieren zu lassen, vereinbaren Sie doch mit ihr Medienstunden. Wo sie ganz entspannt und frei von Zwängen ihren medialen Bedürfnissen nachgehen kann. Wo ihre Spielerin kein schlechtes Gewissen haben muss und Sie nicht verzweifeln. Bauen Sie diese Zeit in das Sport- und Turnierprogramm ein und fordern von ihr diese stringente Akzeptanz. Es ist ein professioneller Umgang untereinander und eine strukturierte Planung. Daran muss man sich halten. Möglicherweise können Sie auch gemeinsam durch die digitale Welt surfen und besprechen, wie wichtig dies oder das ist. So könnte man gemeinsam den medialen Stellenwert und deren Nachrichten aufarbeiten und bewerten. Wenn Sie ihr dann auch noch Tipps geben können, wie sie sich auch besser darstellen kann, dann erkennt sie zweifelsohne ihre positive Einstellung zu dieser medialen Welt. Immer besser als Verbote oder gar ärgerliche Auseinandersetzungen.
Diese jüngere Generation hat nun einmal ein ganz eigenes Medienverhalten und ihren spezifischen Medienkonsum. Im Prinzip sollten Sie sich mit Ihrer Spielerin einen gemeinsamen Schritt in diese mediale Welt erarbeiten, um zusammen weiterzukommen. Sowohl im eigentlichen Business des Sports, als auch im World Wide Web. Wird allerdings da keine Einsicht oder kein verändertes Verhalten an den Tag gelegt, dann kann ich Ihnen nur den eingangs erwähnten Ratschlag geben.