Meinungsfreiheit
Guten Tag, Herr Hofen! Ich habe eine Frage zur Berichterstattung über Boris Becker und dessen private Familien- und Finanzprobleme. Mich würde interessieren, was die Medien hierüber eigentlich berichten dürfen, wo die Grenzen liegen und ob auch dies für einen Journalisten oder eine Zeitung, bzw. ein Internetportal zu den medialen Verpflichtungen gehört, derartig Privates in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Und: wo liegen für Pressevertreter generell die Grenzen des – sagen wir mal: moralisch Vertretbaren? Gibt es da nicht auch so eine Art Ehrenkodex?

Frank Hofen: Im Prinzip ist Ihre Frage ganz einfach zu beantworten. So verweise ich im Bezug auf das Presserecht auf den Artikel 5 des Grundgesetzes. „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Damit ist gewährleistet, dass nicht zensiert wird. Somit können Journalisten ihrer Pflicht nachkommen, die Aktivitäten von Personen des öffentlichen Interesses zu überwachen und Missstände aufzudecken. Damit ist in punkto Meinungsfreiheit auf Grund des Grundgesetzes alles abgedeckt. Auch das: Auf Facebook wurde die Grünen-Politikerin Renate Künast als »Drecks Fotze« und »Stück Scheiße« beschimpft. Ein Berliner Gericht sieht das als »zulässige Meinungsäußerung« und »Auseinandersetzung in der Sache« an. Für das Gericht sind diese Aussagen keine Beleidigungen und mit dem Beschluss geben sie somit dem Beklagten noch Rückendeckung.
Für mich stellen diese Aussagen eine strafbare Beleidigung dar und sind für mich nicht durch die Begrifflichkeit der Meinungsäußerung gedeckt. Ist aber lediglich meine Meinung. Dies hat dazu beigetragen, dass das Ansehen der Presse in den letzten Jahren in Verruf gekommen ist und Schlagworte wie »Lügenpresse« bestätigen diese meine Einschätzung. Das ist aber auch darauf zurückzuführen, dass gerade im Zeitalter der Digitalisierung und der damit einhergehenden anonymen Meinungsmache mit »Fake-News« sehr einfach geworden ist. Von daher ist es vielfach nicht ganz leicht, die journalistische Arbeit mit wahrheitsgemäßen Nachrichten von Falschmeldungen zu unterscheiden.
Ihre ebenfalls angehängte Frage nach einem Ehrenkodex beantworte ich mit dem vom Deutschen Presserat heraus gegebenen Pressekodex. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss deutscher Verleger- und Journalistenverbände, die mit dieser freiwilligen Instanz für publizistische Selbstkontrolle sorgen wollen. Für den Ehrenkodex ist der Deutsche Presserat verantwortlich und der tritt für folgende Ziele ein:
- Eintreten für die Pressefreiheit
- Wahrung des Ansehens der deutschen Presse
- Beseitigung von Missständen im Pressewesen
- Eintreten für den unbehinderten Zugang zu Nachrichtenquellen
- Behandlung von Beschwerden über redaktionelle Veröffentlichungen und journalistische Verhaltensweisen auf Basis des Pressekodex
- Aufstellen und Fortschreiben von publizistischen Grundsätzen sowie Richtlinien für die redaktionelle Arbeit
- Selbstregulierung des Redaktionsdatenschutzes
- Ansprechpartner für Leser, Journalisten und Verleger
Nun weiß ich nicht, ob diese meine grundsätzlichen Antworten Ihre Fragen beantworten. Sie können es aber auch nicht, denn Meinungsfreiheit (siehe oben) ist vielfältig in ihrer Interpretation. Sie ganz persönlich haben eine moralische Verantwortung sowie eine Werteskala und danach müssen Sie für sich beantworten, was Sie journalistisch publizieren wollen, können, oder müssen. Sie ganz persönlich entscheiden dies in Ihren Veröffentlichungen oder aber bekommen dies – falls Sie redaktionell eingebunden sind – von Ihrer Redaktionsleitung bzw. der Verlagsleitung vorgegeben.