Frank Hofen - Kompetenzforum

Medien-Trends

Medi­en-Trends


Sehr geehr­ter Herr Hof­en, mich inter­es­siert die Mei­nung eines aner­kann­ten und erfah­re­nen Fach­manns, inwie­weit sich die Medi­en­ar­beit über die Jahr­zehn­te hin­weg ver­än­dert hat und wel­che Trends im Rah­men von Pres­se- & Öffent­lich­keits­ar­beit zu erwar­ten sind. Selbst­ver­ständ­lich bezieht sich mei­ne Fra­ge auf die Sport­be­richt­erstat­tung und hier ins­be­son­de­re auf unse­ren gelieb­ten Ten­nis­sport. Vie­len Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen!

Medien
© Pix­a­bay

Frank Hof­en: Lie­ber Peter, da gibt es zahl­rei­che Fak­to­ren, die die Sport­be­richt­erstat­tung ver­än­dert hat. Lass mich das ein­mal so sagen: Der Sport in sei­ner gan­zen Brei­te hat vor ein paar Jahr­zehn­ten noch eine prä­gen­de Bedeu­tung in der Gesell­schaft gehabt. Da ich nicht weiß, wie alt Sie sind, weiß ich auch nicht, inwie­fern Sie das nach­voll­zie­hen kön­nen! Da gab es TV-Über­tra­gun­gen von der Leicht­ath­le­tik bis zum Eis­kunst­lau­fen, es gab Spring­tur­nie­re der Rei­te­rei eben­so zu sehen wie Schwim­men, Rhyth­mi­sche Sport­gym­nas­tik oder Rudern. Und heu­te? Die­se Viel­falt in der öffent­li­chen Bericht­erstat­tung fin­det, ein­mal abge­se­hen von Olym­pi­schen Spie­len oder hin und wie­der von Welt­meis­ter­schaf­ten, nicht mehr statt. Weder im TV, noch in den Tages­zei­tun­gen. Alles ist ein wenig Rand­sport gewor­den, genau­so wie der Tennissport.

War­um ist das so?

Zum einen hat sich unser gesell­schaft­li­ches Ver­hal­ten in der Frei­zeit ver­än­dert. Auch das TV-Zuschau­en. Wer bleibt schon heu­te län­ger als 90 Minu­ten vor dem Bild­schirm?! Die Sport­art muss zudem »Event­cha­rak­ter« haben. Es muss bunt, schrill und schnell ent­schie­den sein. Zudem müs­sen Hel­den da sein, die wie­der­um ihre Emo­tio­na­li­tät am bes­ten öffent­lich aus­le­ben. Wir kon­su­mie­ren daher heu­te die media­le Sport­welt anders, weil wir auch mehr als nur ein Frei­zeit­in­ter­es­se haben. Wäh­rend vor Zei­ten das Pri­mä­re in der Bericht­erstat­tung der Stil zum 1:0 maß­geb­lich war, inter­es­siert dies heu­te kaum noch den Leser. Das Resul­tat ja, aber ansons­ten nur das Drum und Dran. Glit­ter und Gla­mour sind eher gefragt als Trainingsanzug.

Ver­än­der­tes (Zeit-)Interesse

Wäh­rend ab den ’85er-Jah­ren die TV-Über­tra­gun­gen der Ten­nis­tur­nie­re gera­de­zu Lehr­stun­den des Ten­nis­sports vom Auf­schlag bis zum Match­ball waren, inter­es­siert heu­te — wenn Ten­nis über­haupt noch über­tra­gen wird – wer wann wo in wel­cher Dis­ko­thek war, wie lan­ge, was getrun­ken wur­de und wer es mit wem am bes­ten kann. Alles ein wenig ver­ein­facht, aber wer unter­hält sich schon über die Rück­hand von Fede­rer? Da wird doch viel lie­ber über sein Kar­rie­re­en­de spe­ku­liert. Egal, wie oft der Schwei­zer das dementiert.

Die­ses ver­än­der­te (Zeit-)Interesse hat natür­lich auch sei­ne Aus­wir­kun­gen auf die Bericht­erstat­tung in den Tages­zei­tun­gen. Die ver­lie­ren tag­täg­lich Abon­nen­ten, weil es im Inter­net kos­ten­los auf ein paar Zei­len schnell kon­su­miert ist. Sin­ken­de Auf­la­gen, weni­ger Geld im Ver­lags­haus, Abbau von Redak­teurs­stel­len, weni­ger eige­ne Bericht­erstat­tung und immer mehr Agen­tur­diens­te. Wirt­schaft­li­che Kon­zen­tra­ti­on und Kon­so­li­die­rung sind die Schlag­wor­te. Doch ver­mis­sen wir etwas? Wenn ja, dann wür­den sta­pel­wei­se Leser­brie­fe, bzw. Beschwer­den ein­ge­hen. Doch mit­nich­ten. Wir sind im Über­fluss der Infor­ma­tio­nen fast unter­ge­gan­gen und hal­ten uns an dem weni­gen fest, was uns noch inter­es­siert. Im Sport. Oder in der Kul­tur. Oder in der Musik. Oder ansons­ten an irgendetwas.

Ein aktu­el­les Bei­spiel gefällig?

Hier ist es: Die Covi­d19-Pan­de­mie ist zwei­fels­oh­ne eine gräss­li­che Seu­che. Wir sind es aber über­haupt nicht mehr gewohnt, Kri­sen zu leben. Wie soll ich mich in die­sem Infor­ma­ti­ons­dschun­gel von Nach­rich­ten noch zurecht­fin­den?!  Die Anzahl der Exper­ten steigt stünd­lich: Hier ein Viro­lo­ge, dort ein Phil­an­throp, nun aber der Phi­lo­soph und dann wie­der­um auch noch ein Schau­spie­ler, ein DSDS-Sän­ger oder eine Bache­lor-Teil­neh­me­rin. Dann wie­der eine Ver­ei­ni­gung, dar­auf der poli­ti­sche Quer­schnitt der Par­la­men­te, der Bür­ger (natür­lich auch Bür­ge­rin) auf der Stra­ße, der gesun­de­te Kran­ke, oder der, der mor­gen die Pan­de­mie bekom­men könn­te soll­te. Und das auf allen Kanä­len, mit einer 24-stün­di­gen Nach­rich­ten­dau­er­schlei­fe. Ist das eigent­lich nor­mal? Über­steigt dies nicht unser Informationsinteresse?

Wol­len wir das wirklich?

Aber: So sieht Bericht­erstat­tung heu­te aus! Kei­ner kann mir tat­säch­lich sagen, ob wir das wirk­lich wol­len. Denn irgend­ein Insti­tut, eine Uni­ver­si­tät oder irgend­ei­ne For­schungs­ab­tei­lung hat genau das her­aus­ge­fun­den, dass wir das so wol­len. Mei­ner­seits glau­be ich, dass wir noch mehr auf uns auf­pas­sen müs­sen, um in die­ser nach­rich­ten­gei­len Welt nicht den Gedan­ken an das Wesent­li­che zu ver­lie­ren: die eigent­li­che Bot­schaft der Nach­richt. In die­sem Sin­ne blei­ben Sie auf­merk­sam. Und wenn sie erst ein­mal alles als »Fake News« betrach­ten, ana­ly­sie­ren sie auf jeden Fall rich­ti­ger­wei­se die Nachricht.