Stephan Medem - Kompetenzforum

„Hilfe!”

„Hil­fe!”


„HILFE! Mein Kind kann nicht trai­nie­ren!” — die­sen Hil­fe­ruf höre ich im Moment von sehr vie­len besorg­ten Ten­nis­eltern. Okay, unser gewohn­ter Trai­nings­ab­lauf ist bis auf Wei­te­res in einer abso­lu­ten »Park Posi­ti­on«, NO TENNIS! „Mein Kind wird doch kei­ne Kugel mehr tref­fen!“ — „Alles was bis jetzt trai­niert wur­de, ist jetzt für die Katz!“ —  „Das wird doch ewig dau­ern, bis mein Kind wie­der eini­ger­ma­ßen ver­nünf­tig spie­len wird!“ — „STAY COOL lie­be Ten­nis­eltern!“ Ich gebe Euch hier ein paar Infos zur Entwarnung.

Alle Ten­nis­spie­ler mei­ner Gene­ra­ti­on oder wel­che ein paar Jah­re mehr als ich auf dem Buckel haben, wer­den es bestä­ti­gen kön­nen: Ten­nis war bis vor ein paar Jahr­zehn­ten noch ein rei­ner Som­mer­sport! Denn es gab kei­ne Ten­nis­hal­len! Ten­nis wur­de, je nach Län­ge und Här­te des Win­ters, nur von April bis Okto­ber gespielt. Irgend­wann, wenn es also bei uns in der Schweiz im Okto­ber zu kalt wur­de oder der ers­te Schnee fiel, wur­den unse­re Schlä­ger für ein hal­bes Jahr an den Nagel gehängt… und es wur­de Win­ter­sport gemacht: Eis­ho­ckey, Ski­fah­ren, Lang­lauf. Gut, im Früh­jahr waren die ers­ten Schlä­ge noch etwas har­zig und unkon­trol­liert, aber nach zwei bis drei Wochen lief die Kis­te spä­tes­tens wie­der. Und meis­tens bes­ser, als vor­her. Denn zwei Fak­to­ren spiel­ten uns in die Kar­ten: eine Super-Fit­ness auf­grund der alter­na­ti­ven Sport­ar­ten und man war heiß auf Ten­nis, also »Moti­va­ti­on pur«. In mei­ner Jugend wur­de ich x‑facher Lan­des- und natio­na­ler Meis­ter und gehör­te den Natio­nal-Team an. Sicher­lich wer­den mir vie­le Kol­le­gen beipflichten.

Wir haben doch hier in Deutsch­land eine Men­ge klei­ner »Ten­nis­krüp­pel«. Bit­te ver­zeiht mir mei­ne offen­si­ve Anspra­che. Wir reden von Kids, wel­che schon viel zu früh viel zu viel Ten­nis­spie­len. Zu vie­le Trai­nings­ein­hei­ten, zu vie­le Tur­nie­re. Und das hat nach­weis­lich sehr nega­ti­ve Neben­wir­kun­gen! Ver­let­zun­gen oder kör­per­li­che Schä­den auf­grund von Fehl- oder Über­be­las­tung. Qua­li­täts­ver­lus­te in den ein­zel­nen Trai­nings­zei­ten, Moti­va­ti­ons­pro­ble­me in Trai­ning und Tur­nier. Wir sehen zwar bei den gan­zen Kin­der- und Jugend­tur­nie­ren Kids mit toll aus­ge­bil­de­ten Schlä­gen, aber gro­ben Män­geln in Sachen Koor­di­na­ti­on, Sta­bi­li­tät, Beweg­lich­keit, Schnel­lig­keit, Kraft, und psy­chi­scher Sta­bi­li­tät. Gera­de jetzt bie­tet sich eine ein­ma­li­ge Chan­ce. Unse­re Kids kön­nen ja trotz­dem im Gar­ten, auf der Stra­ße oder im Kel­ler ein biss­chen gegen eine Wand spie­len und ihren »Touch« schu­len (es muss ja nicht mit Klo­rol­len sein!). Dar­über hin­aus ist das Web momen­tan gefüllt mit Kon­di­ti­ons-Übun­gen, wel­che daheim gemacht wer­den kön­nen. Hier soll­ten die Kin­der und Jugend­li­chen die weit ver­brei­te­ten Han­di­caps kom­pen­sie­ren und in ihre Gesund­heit und Ten­nis-Zukunft inves­tie­ren. Ihr soll­tet sie dar­auf hin­wei­sen, jedoch nicht zwin­gen. Denn Kin­der, die Zwang brau­chen, sor­ry, die wer­den über kurz oder lang im leis­tungs­ori­en­tier­ten Sport sowie­so auf der Stre­cke bleiben.

Seil­sprin­gen, Lei­ter­lauf, Hüt­chen-Lauf, Sta­bi-Übun­gen, wie gesagt: im Netz sind momen­tan wirk­lich groß­ar­ti­ge Pro­gram­me zu haben, nutzt sie! Jeder von euch, der Ski fährt oder sich ab und zu auf ein Fahr­rad setzt, wird mir bei­pflich­ten. Auch wenn ich zwei Jah­re nicht auf Ski­ern gestan­den bin, die ers­ten paar Schwün­ge sind viel­leicht noch etwas holp­rig und unsi­cher, aber nach der drit­ten oder vier­ten Abfahrt läuft es in der Regel doch wie­der wie geschmiert. Selbst wenn ich mich viel­leicht einen gan­zen Win­ter lang nicht auf mein Radel set­zen konn­te. Bei der ers­ten Fahrt muss man sich viel­leicht noch ein biss­chen kon­zen­trie­ren, auch hier funk­tio­niert die Sache jedes Mal aufs Neue. Okay, am Anfang tut einem viel­leicht noch der Hin­tern ein biss­chen weh, aber dann… Also, lie­be Ten­nis-Mamas und ‑Papas, DON’T PANIC! — das wird alles wie­der! Und ihr wer­det sehen, nach dem »Restart« wer­den eure Kids erst recht durch­star­ten. Mit mehr Kon­di­ti­on, Esprit und Motivation.