Depression im Sport
Seelische Erkrankungen haben viele Gesichter und unterschiedliche Verläufe. Wir kennen die Berichte von den Problemen bekannter Sportler wie Skispringer Sven Hannawald, Fußballspieler Sebastian Deisler, Radprofi Marco, Fußball-Nationaltorhüter Robert Enke. Der Profisport ist heute Leistungs- und Profitorientiert und fordert extreme Nehmerqualitäten. Kritik und Niederlagen einstecken müssen ist auf Dauer zermürbend. Sebastian Deisler schreibt in seinem Buch: „Wenn du gut bist, klopfen dir alle auf die Schultern. Dann kommen Leute und sagen dir, sie machen aus dir den Größten. Wenn du schlecht spielst oder bist verletzt, dann stehst du alleine da!“
Wenn der Erfolg zur Sucht wird
So wie er empfinden viele talentierte Nachwuchssportler ihre besonderen Fähigkeiten als Belastung und Verpflichtung. Der Stress und der Druck setzen oft mehr zu, als der Sportler sich selbst eingesteht. Er kann das Idealbild, das Fans, Verein, Trainer und Freunde von ihm haben, nicht mehr oder nur mühsam aufrecht erhalten. Dazu kommt, dass Sportler sich selbst und ihre Bedürfnisse oft nicht ernst nehmen und ihre gegenwärtige Lebenssituation bagatellisieren. Sportler, die schon von Kind an auf Sieg getrimmt werden, suchen ihre Selbstbestätigung oft ausschließlich über den Sport. Nach Niederlagen tendieren sie dann dazu, sich selbst in irgendeiner Form zu bestrafen. Der Erfolg wird zur Sucht und endet im Leistungswahn. Wenn mehrere der folgenden Symptome auftreten oder ein Symptom über einen längeren Zeitraum anhält, dann sollte sich der Sportler Hilfe suchen: Keine Wünsche mehr, kein Empfinden von Freude, Stimmungs-Schwankungen, Niedergeschlagenheit, Überaktivität, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, anhaltende Erschöpfung, Rückenschmerzen ohne medizinischen Befund, erhöhte Krankheits- und Verletzungsanfälligkeit, Rückzug, soziale Kontakte werden vernachlässigt, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, negative Gedanken, nichts gelingt, kein Glaube an sich und seine Leistung.
Erklärungsansätze gibt es viele
Die Ursachen für psychische Probleme sind u.a.: Permanente Über- oder Unterforderung, nicht verarbeitete Krisen, Zukunfts- und Versagensängste, extreme Leistungsorientierung und Konkurrenzkampf, wirtschaftliche Abhängigkeit, Entwurzelung, soziale Isolierung — zum Beispiel bei Internatsschülern, Perfektionismus, hohes Anspruchsniveau, Tendenz zur Selbstüberforderung, unrealistische Selbsteinschätzung, unklare Wahrnehmung oder Verleugnung der eigenen Bedürfnisse, Rollenkonflikte. Besonders Eltern, Lebenspartner und Betreuer sollten beim Auftauchen der oben genannten Symptome das Gespräch mit dem Sportler suchen, seine Probleme ernst nehmen, fragen, zuhören, Vertrauen aufbauen. Sie sollten sich nicht zufrieden geben, wenn bei anhaltenden oder immer wiederkehrenden körperlichen Schmerzen von den Ärzten keine Krankheit festgestellt wurde. Aussagen wie: »Reiß dich zusammen, stell dich nicht so an« werden den Sportler nicht motivieren, sondern führen dazu, dass er sich zurückzieht. Der Sportler darf sich erlauben, über seine Probleme zu reden, sie dürfen nicht zum Tabuthema werden. Probleme nicht verdrängen oder verstecken, sondern lernen, damit umzugehen! Psychotherapeuten und Mentaltrainer bieten professionelle Hilfe.
Stützendes Gespräch
Grundlage einer erfolgreichen Bewältigung der psychischen Störung ist das stützende Gespräch in einer verständnisvollen Atmosphäre. Der Sportler soll seine Probleme offen aussprechen können und muss sich akzeptiert und respektiert fühlen. Ganz individuell auf ihn abgestimmt können vielfältige Methoden zum Einsatz kommen: Bioenergetik, Trancearbeit, kognitive Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie, Familientherapie, Psychodrama, Rollenspiele, Erlernen von Selbstkontroll- und Stressbewältigungstechniken, Entspannungsmethoden, Selbstwahrnehmungsübungen, Zeit- und Umfeldmanagement, Selbstorganisation, Ausbau von sozialen Kontakten, Erkennen und Verändern von Glaubensmustern, Aufbau Selbstwertgefühl, Verbessern der Kommunikationsfähigkeit. Eine medikamentöse Behandlung – moderne Antidepressiva machen nicht abhängig — kann von einem Facharzt bei einer schwereren Form der Erkrankung in der ersten Zeit als Unterstützung der Verhaltenstherapie eingesetzt werden. Bei erfolgreicher Arbeit können die Medikamente reduziert oder ganz abgesetzt werden. Im Fall einer schweren Depression ist ein stationärer Aufenthalt in einer Fachklinik meist unerlässlich. Der Sportler hat dort die Möglichkeit, sich zurückzuziehen, sich zu besinnen und wieder »heil« zu werden.
Zitat Meister Mintcho: „Wenn wir über Heilung sprechen wollen, müssen wir uns zuerst bewusst machen, was Gesundheit bedeutet! Gesundheit ist ein Gleichgewicht zwischen unseren Selbstwerten, Wünschen, Prägungen, Sorgen und Ängsten und unserem physischem Zustand, der geprägt ist von verschiedensten Schwächen, ob angeboren oder geprägt vom Lebensalter und der eigenen Lebensweise. Manchmal braucht es nur ein Wort, eine Umarmung, einen einzigen Augenblick, um jene Harmonie zu erreichen.“