So wie ich es sehe…
Von Frank Hofen.
Ursprungsdatum: 02.12.2019
Meinung zum Kommentar von Marc Raffel.
Die Einschätzung von Marc Raffel ist ein schriftliches Ass. Zwar bezieht er sich im Wesentlichen auf den Tennisverband Mittelrhein, doch innerhalb des Westfälischen Tennis-Verbandes (WTV) ist dies nicht viel besser. Zwar richtet der Verband das ITF-Turnier der Herren in Kamen selber aus, jedoch für die »Versmold Open« der Damen gibt es einen finanziellen Zuschuss. Ob dieser für die Förderung des Spitzensports gedacht ist, oder ob man sich damit nur einen Auftritt seiner Funktionäre gekauft hat, lasse ich einmal offen.

Damit hat sich aber auch schon die Förderung des Verbandes in punkto Spitzensport in Westfalen im Erwachsenenbereich erschöpft. Unterstützende Maßnahmen oder gar eine finanzielle Förderung des Spitzensports für Mannschaften ist nach Verbandsmeinung obsolet. Oder sieht so aus: am letzten Heimspieltag (10. August) in der 1. Tennis-Point-Bundesliga des Teams Hämmerling TuS Sennelager kam der WTV mit einem Transparent zum Aufhängen als Präsent zur Anlage. Eigentlich ein Kuriosum, denn die Saison 2019 war passé. Es ist lediglich eine Anekdote, doch sie zeigt auf, wie distanziert ein Verhältnis zum Spitzensport ist.
Kriterium Nachwuchsarbeit. Hier muss man fragen: „Was fördert der WTV eigentlich?“. Im Leistungszentrum in Kamen ist ein 14-köpfiges Trainerteam beheimatet, doch sportliche Erfolge sind seit Jahren auf nationaler Ebene Fehlanzeige! Und die Nachwuchsspieler/-innen, die national halbwegs erfolgreich sind, trainieren nicht im Verband. Dies gilt gleichermaßen für Joelle Steur (Tennispark Versmold) wie auch für Marc Majdandzic (Blau-Weiss Halle), die beide familiär trainiert werden. Und der aktuelle Deutschen U18-Jugend-Hallenmeister, Fynn Künkler vom SuS Bielefeld, trainiert im DTB-Olympiastützpunkt in Hannover mit Bundestrainer Peter Pfannkoch. Allerdings weist der WTV-Etat für den Jugendsport rund 1,3 Millionen Euro aus! Als Erfolg »bejubelt« der Verband alleine schon die Tatsache, dass 12 Jugendliche die erste Runde bei den am 1. Dezember zu Ende gegangenen Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften überstanden haben!
Wie wenig die Spitzenspieler innerhalb des westfälischen Verbandsgebiets mit dem WTV zu tun haben wollen, zeigen die Westfälischen Hallen-Titelkämpfe auf. Seit Jahren meiden sie diese und so fehlten im November auch diesmal wieder die Besten, wie unter anderem Katharina Gerlach (DTB 13), Julia Wachaczyck (DTB 22), Julyette Steur (alle Tennispark Versmold/DTB 23), ebenso wie die Geschwister Tayisiya (DTB 28) und Yana Morderger (DTB 48) vom TC Kamen-Methler. Nicht viel besser sah es bei den Herren aus. Hier fehlten die westfälischen Spitzenspieler Daniel Masur (Tennispark Versmold/DTB 18) und Louis Weßels (Bielefelder TTC/DTB 24) und auch Masurs Teamkollege Marvin Netuschil (DTB 29) glänzt ebenso durch Abwesenheit, wie Lukas Ohlert (DTB 54) vom TC Iserlohn. So sind diese Meisterschaften der Damen und Herren schon seit Jahren ein Treffen der zweiten wenn nicht sogar der dritten Garnitur. Doch eine Idee oder gar Konzeption, dies zu ändern, gibt es im Verband nicht.
Darüber hinaus gibt es in Nordrhein-Westfalen (NRW) aber einen Anachronismus, der seines Gleichens in der deutschen Verbandslandschaft sucht. Anstatt sich an den politischen Grenzen von NRW auszurichten, gibt es hierzulande gleich drei Tennisverbände: Westfalen, Mittel- und Niederrhein sind zwar organisatorisch die »IG Tennis«, doch dieses Konstrukt ist ein wirkungsloses Gremium. Die drei Verbände beäugen sich gegenseitig und finden zu keiner konzeptionellen Zusammenarbeit. Man stelle sich nur einmal vor, es gäbe einen strukturierten »Tennisverband NRW«? Was hätte der für Möglichkeiten? Das Geld dreier Verbände für eine gemeinsame Förderung des Leistungssports — großartige Marketingmöglichkeiten in einem, statt in marginalen drei Verbänden. Ein Tennismagazin für NRW wäre ein großes mediales Sprachrohr für den Tennissport. Das sportpolitische Gewicht gegenüber dem Land oder auch dem LSB hätte eine andere Wahrnehmung, als die drei nebeneinander werkelnden Verbände. Gemeinsame NRW-Meisterschaften hätten einen enormen Stellenwert und wären nicht nur eine Headline. Aber diese Gedanken sind tabu, was ich wiederum nachvollziehen kann, denn was machen bei einem »Tennisverband NRW« die bisherigen drei Verbände dann mit all ihren Funktionären aus ihren Präsidien?
Beitragsempfehlung: Lies hierzu auch den Kommentar von Marc Raffel zum Tennis-Verband Niederrhein sowie das Interview mit Marc-Kevin Goellner zum Tennis-Verband Mittelrhein.