»Quo vadis«, Tennis 2020?
Von Simon Schmidt.
Ursprungsdatum: 11.04.2020
Ja, ich bin begeisterter Mannschaftsspieler und immer für ein Match zu haben. Langsam aber frage ich mich: „Leute, geht’s noch?” International wurden alle Turniere bis Mitte Juli abgesagt, wir hier in Deutschland ziehen aber allen Ernstes in Erwägung, unsere Medenspiele Anfang Juni zu starten (Mail des TVN vom 07.04.2020).
Was haben sich die Herren vom DTB und auch von den Landesverbänden darüber aufgeregt, als der französische Tennisverband seine French Open ohne Absprache mit anderen Turnierveranstaltern oder Spielerinnen und Spielern eigenmächtig verschoben hat! Aber, liebe Landesverbände und lieber DTB, macht Ihr da gerade etwas anderes? Ich finde Euer aktuelles Vorgehen keinen Deut besser. So, wie man den Franzosen völlig zu Recht mangelnde Kommunikation vorgeworfen hat, trifft das doch auch auf Euch zu. Eure Planung sieht also vor, dass man die Meisterschaft kurzerhand nach den Sommerferien spielt. Habt Ihr mal darüber nachgedacht, was mit all den Turnierevents passieren soll, die in dieser medenspielfreien Zeit terminiert sind? Nein? OK! Geschenkt! Kann man ja auch vernachlässigen. Solche Turniere sichern dem ein oder anderen Verein ja auch nicht etwa den Jahresetat, unter anderem auch zur Deckung der nicht unerheblichen Abgaben an Euch Landessverbände. Auch finden in dieser Zeit viele, viele Jugendturniere sowie Stadt- oder Kreismeisterschaften statt, die von langer Hand geplant wurden. Gemeinsam sieht irgendwie anders aus!
Medenspiele völlig risikolos? Mitnichten!
Kommen wir aber mal zu den noch viel wichtigeren Themen »Gesundheit und Risiko«. Die Spielervereinigungen WTA und ATP sowie der Weltverband ITF stoppen gemeinsam mit Spielerinnen und Spielern die kompletten Touren bis Mitte Juli. Auf Basis welcher Quelle gehen Landesverbände hierzulande davon aus, dass man Anfang Juni schon Medenspiele bestreiten könnte? Ich persönlich werde das bestimmt nicht machen! Und ich vermute, dass ich da nicht der einzige sein werde. Das Risiko einer Ansteckung ist einfach viel zu groß ist. Denkt hier auch mal jemand an die unzähligen Aktiven in den Seniorenklassen, die zweifellos zur Risikogruppe zählen? Zwar haben wir bei einem Match mitunter genügend Abstand zum Gegner, aber es wird sicherlich nicht zuletzt über den gemeinsam benutzten Tennisball ausreichend Fläche für Viren geben, egal wie vorsichtig Mann oder Frau auch ist.
Bei einem mittelgroßen Verein (6 bis 7 Plätze) sind bei Medenspielen sonntags alleine rund 50 Aktive zur Mittagszeit auf der Anlage. Plus Zuschauer, Begleitungen und Betreuer, versteht sich. Man stelle sich vor, nur eine einzige Person wäre hierbei unwissentlich mit dem Virus infiziert. Wie bitte soll da ein geregelter Medenspielbetrieb möglich sein? Die betroffenen Mannschaften müssten dann komplett aus dem Verkehr gezogen werden. Und was noch viel schwerer wiegt: wir steigern nebenher wissentlich mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zahl der Infizierten und riskieren somit die Gesundheit aller. Möchtet ein Verband derartige Schlagzeilen auf die Fahne geschrieben bekommen? Sicher nicht! Also Leute, seid doch bitte vernünftig und setzt endlich Eure rosarote Brille ab! Eine Medensaison 2020 ist aus meiner Sicht weder realistisch, noch praktikabel.
Monetäre Absichten mal außen vor lassen
Kommen wir nun zu meinem letzten Punkt, den ich sowohl dem DTB, als auch den Landesverbänden gern ans Herz legen möchte. Nutzt doch bitte mal die Zeit, die sich Euch gerade bietet, und reflektiert Euch mal selbst. Die Verbände haben sich in den letzten Jahren immer mehr vom Dienstleister zu gewinnmaximierenden Unternehmen entwickelt. Überlegt aber bitte mal, was eigentlich Eure Kernaufgabe ist! Seid Ihr wirklich der Meinung, dass ihr den Interessen der Vereine, bzw. Eurer Mitglieder noch vollauf gerecht werdet? Gerade jetzt wäre doch ein guter Zeitpunkt, den Vereinen vor Ort zu helfen und zu schauen, wie man diese Krise gemeinsam bewältigt. Dazu gehört für mich auch, dass man die Vereine miteinbezieht. Vorschläge, wie man so etwas angehen kann, mache ich Euch in aller Kürze in einem weiteren Blog. In diesem Sinne, bleibt bitte alle geduldig und gesund!