Mangelnder Support
Interview mit Marc-Kevin Goellner.
Ursprungsdatum: 11.12.2019
Tennisenthusiast und »Macher« Marc Raffel hat mit seinem Blog vom 28. November auf Tennisredaktion.de ein kleines Fässchen aufgemacht und die Nachwuchsförderung — vor allem in seinem heimischen Tennis-Verband Niederrhein — heftig kritisiert. Medienexperte und Tennisfachmann Frank Hofen hat Raffel in seinem Antwort-Blog vom 2. Dezember total beigepflichtet. Er will ähnliche Verhältnisse im Westfälischen Tennis-Verband ausgemacht haben. Heute unterhalten wir uns mit Davis-Cup-Sieger Marc-Kevin Goellner, der mit seiner äußerst erfolgreichen Tennis-Akademie im dritten Landesverband Nordrhein-Westfalens, dem Tennis-Verband Mittelrhein, beheimatet ist, genauer gesagt in Köln-Rodenkirchen.

Tennisredaktion.de: Marc, Kollege Raffel hat in seinem Blog auf unserem Portal vor allem Bezug auf seine professionellen ITF- und ATP-Turnierveranstaltungen im Tennis-Verband Niederrhein genommen. Gemeinsam mit Carsten Schauff hast Du in den vergangenen Jahren ja selbst einige ITF-/ATP-Turniere in Köln ausgerichtet. Wie sah da die Unterstützung des heimischen Landesverbandes, des Tennis-Verbandes Mittelrhein, aus? Tun die Landesverbände in der Tat zu wenig für die eifrigen Veranstalter professioneller Turnierevents?!
Marc-Kevin Goellner: Der Tennis-Verband Mittelrhein wollte bei unseren Profi-Events im Kölner Raum zwar mit der Turnier-Organisation direkt nie was zu tun haben, hat uns als Veranstalter und Ausrichter finanziell aber stets ordentlich unterstützt. Soweit ich weiß, ist der hiesige Verband erfreulicherweise auch beim ITF-Turnier von Marc Raffel in Troisdorf, den »TVM Open«, finanziell unterstützend mit an Bord.
Tennisredaktion.de: Und jetzt das »aber«…?!
Marc-Kevin Goellner: Nun, was mir bei der Ausrichtung solch großer Events immer besonders schwer im Magen liegt, ist die mangelnde Identifikation und auch der mangelnde Support durch die Verbände darüber hinaus, vor allem strategisch. Hier fehlt es zunächst an der so wichtigen medialen Unterstützung. Alleine dies würde unsere Events schon erheblich populärer und somit für Sponsoren auch attraktiver machen. Es läuft so ein bisschen nach dem Motto: »Hier, nimm die Kohle und probiere Dein Bestes!« Man ist als Turnierveranstalter schon sehr auf sich allein gestellt. Man bemüht sich, Sponsoren zu finden, muss Schieds- und Linienrichter bezahlen, hinzu kommen DTB-Gebühren und sonstige Abgaben. Da ist es mitunter schon frustrierend, wenn Du Dich nicht ausreichend supported fühlst.
Tennisredaktion.de: Kollege Frank Hofen stellte unlängst in einem Blog einen möglichen Zusammenschluss der drei Landesverbände zur Diskussion. Wie stehst Du einer möglichen Fusion Westfalens, dem Mittelrhein und dem Niederrhein zu einem großen »Tennisverband NRW« gegenüber?
Marc-Kevin Goellner: Ich kann mich an den Versuch erinnern, wo vor einigen Jahren eine Art »NRW-Team« für Furore sorgen sollte, Dieser Versuch ist kläglich gescheitert. Ein möglicher Zusammenschluss bringt sicherlich — wie immer bei solchen Vorhaben — sowohl Vor‑, als auch Nachteile mit sich — könnte extrem wuchtig und leistungsstark daher kommen. Ich denke, dass wir in Nordrhein-Westfalen flächendeckend genügend Nachwuchs haben, dass aber zu sehr gegeneinander statt miteinander gearbeitet wird. Eine Menge steht und fällt auch mit den verantwortlichen Trainern, die sich der Talente annehmen.
Tennisredaktion.de: Und wie realistisch wäre nun eine Fusion der Verbände?!
Marc-Kevin Goellner: Schwer umsetzbar würde ich sagen. Es beginnt doch schon bei folgender Frage: Wo wäre der Hauptstützpunkt? In Kamen? In Düsseldorf? In Essen? In Köln? Alles sehr schwierig. Die Fahrtzeiten zu den einzelnen Trainingseinheiten müssen ja für Talente und Eltern auch zumutbar sein. Alex Waske schlug mal vor, dass man den Talenten seitens der Landesverbände finanzielle Unterstützung bieten und ihnen dann die Entscheidung überlassen solle, wo und bei welchem Trainer sie die erhaltenen Fördergelder einsetzen möchten. Ich unterstütze diese Idee und halte das so für einen guten Weg. Grundsätzlich habe ich aber das Gefühl, dass im Verband die Förderung des Breitensports einen höheren Stellenwert hat, als die Förderung des talentierten Nachwuchses. U14-Talent Caro Raschdorf zum Beispiel gehört zu den hoffnungsvollsten deutschen Talenten und trainiert sowohl bei uns in der Akademie, als auch bei Christian Schäffkes in Essen. Was allerdings die finanzielle Förderung durch die Landesverbände angeht, läuft sie nahezu komplett unter dem Radar.
Tennisredaktion.de: Mit Deiner eigenen Tennisakademie im Kölner Süden arbeitest Du — denke ich – vollständig autark. Ist das der entscheidende Unterschied zu den mitunter doch recht komplizierten Konstrukten der Verbände und macht gerade dieser Unterschied private Akademien wie auch die MKG-Tennis-Akademie so stark?
Marc-Kevin Goellner: Die Verbände haben durch die Mitgliedbeiträge von Aktiven und Vereinen extrem viel Geld zur Verfügung, um den Nachwuchs- und Leistungssport fördern zu können. Irgendwie gelingt es aber nicht, ehemalige Spitzenspieler zu rekrutieren, die sich dauerhaft um die hoffnungsvollsten Talente kümmern, ihre enorme Erfahrung weitergeben und die Jungs und Mädels ausbilden. Ich weiß echt nicht, woran das immer scheitert?! Auch ein Dominik Meffert war ja hier mal am Start, sein Mitwirken war aber auch schnell wieder Geschichte. So ist für die Talente der Weg in eine private Akademie, sei es zu uns nach Rodenkirchen oder beispielsweise zu den Kollegen Tomas Berend oder Robert Orlik, die ebenfalls tolle Arbeit abliefern, fast folgerichtig. Friedhelm Kettner hatte im TVM-Präsidium übrigens mal die Idee, Kompetenzen zu bündeln und die drei Akademien zusammenzuführen.
Tennisredaktion.de: Mit welchem Ergebnis?
Marc-Kevin Goellner: Gar keinem. (lacht) Bevor die Idee überhaupt mit allen Beteiligten diskutiert werden konnte, war sie mit Ausscheiden Kettners aus dem Verbandspräsidium auch schon wieder vom Tisch. Ob sich alle drei Akademien wirklich zusammengeschlossen hätten, wage ich aus heutiger Sicht zwar zu bezweifeln, aber ich glaube, wir waren zunächst einmal alle gesprächsbereit…
Tennisredaktion.de: Siehst Du die Turnierlandschaft in Nordrhein-Westfalen in Gefahr?
Marc-Kevin Goellner: Ich sage es klipp und klar: wenn regionale Veranstalter wenig bis keine Unterstützung durch die Landesverbände erfahren, dann ist eine flächendeckende Turnierlandschaft nicht mehr gewährleistet. Das ist dann der Moment, wo der »TE-Tourismus« beginnt, verbunden mit weiten und teuren Reisen für die engagierten Tennisfamilien. Um überhaupt an Ranglistenpunkte zu kommen, wäre dieser Aufwand notwendig. Die hier zu deckenden zusätzlichen Kosten verursachen am Ende in der technischen und taktischen Ausbildung der Talente ein schweres Defizit, weil schlichtweg die Kohle fehlt.
Beitragsempfehlung: Lies hierzu auch den Kommentar von Marc Raffel zum Tennis-Verband Niederrhein sowie den Blog von Frank Hofen zum Westfälischen Tennis-Verband.