Kein Selbstläufer
Von Simon Schmidt.
Ursprungsdatum: 22.11.2019
Halle, Grasscourt Open. Vormals Noventi Open. Vorvormals Gerry Weber Open. Ich sag es gleich vorab: ich bin ein großer Freund des ostwestfälischen ATP-Turniers. Ein sehr großer sogar. Mehr als zehn Mal war ich schon vor Ort. So oft, wie bei keinem anderen Turnier. Vor dem Engagement der Familie Weber habe ich einen großen Respekt. Fast drei Jahrzehnte ein solches sportliches Großereignis auf die Beine zu stellen, dazu gehört schon was!

Heute wurde seitens des Veranstalters eine Pressemeldung lanciert. Hierbei geht es um den Vorläufer des ATP-Events, die so genannte Champions Trophy im Gerry Weber Stadion. Haas, El Aynaoui, Muster und Bahrami sollen es im kommenden Jahr sein, die das Stadion im Vorfeld des eigentlichen Turniers füllen sollen. Ganz ehrlich? Ich hätte an Ralf Webers Stelle definitiv mal vier neue Gesichter verpflichtet, um die Champions Trophy für die Dauergäste — und das sind ja die meisten Zuschauer — wieder ein wenig interessanter zu machen, zumal diese ja an den eintrittsfreien Qualitagen für die Showkämpfe auf dem Center-Court zahlen müssen. Auch würde der Veranstalter dokumentieren, mal was Neues bringen zu wollen. So wirkt das immer irgendwie aufgewärmt, ideen- und lieblos.
Von den vier diesmal Nominierten kann nur Bahrami unterhalten. Und auch der bringt ja nichts Neues mehr, braucht darüber hinaus auch die richtigen Partner und Gegenspieler. Ein Typ wie Yannick Noah wäre doch mal nicht schlecht. Stich, Kiefer, Haas, Mayer, Muster, all dies waren früher echt gute Spieler, aber Showkämpfe können die nicht. Und Leconte ist mittlerweile alles andere als vorzeigefähig.
Ich bin eh‘ kein großer Freund von Showkämpfen (Duelle wie Federer vs. Nadal oder Zverev, wo wirklich Tennis gespielt und Sport geboten wird, mal ausgenommen). Webers Idee mit dem Mixed fand und finde ich hingegen deutlich sympathischer. Das steigert Attraktivität und Unterhaltung, was die alten Männer alleine nicht mehr schaffen. Sex sells. Klar kann man nicht immer eine Graf oder Navratilova verpflichten, aber etwas weniger prominente, aktive Spielerinnen wie Görges oder Siegemund tun dem Event alleine optisch gut. Selbst Luisa Meyer auf der Heide war vor zwei Jahren — wenn auch nur Notnagel — als junges Tennistalent eine echte Bereicherung für die Champions Trophy, weil es mal was anderes war und noch dazu einen lokalen Bezug hatte. Nachwuchs zieht immer. Und es ist ja nicht so, als wenn wir in Deutschland gar nichts in der Hinterhand hätten.
Aus dem Umfeld an der Basis war in der Vergangenheit auch sehr, sehr oft zu hören, dass sich in fast 30 Jahren optisch und vom Aufbau her nichts an dem Angebot rund um das imposante Stadion getan hat. Jeder Aussteller/Anbieter hat seit gefühlten Ewigkeiten seinen ihm angestammten Platz – unverrückbar. Das mag logistisch bequem sein, aber so gibt es für den stets neugierigen Zuschauer eben auch nichts Neues zu entdecken. Alles wie immer halt. Und ich glaube, das ist das schlimmste Zeugnis, das man einem Veranstalter ausstellen kann. Warum bringt man da nicht mal ein wenig Bewegung rein?! Klar ist eine Menge passiert in den vergangenen Jahren, aber nahezu jede innovative Veränderung (Pressezentrum, VIP, Club500, Hotel, etc.) bleibt dem gewöhnlichen Zuschauer in der Regel vorenthalten.
Die große Frage der Fans ist doch immer: WAS GIBT‘S NEUES? Und ich denke, das gilt für das Drumherum (Weber‘s berühmtes Tennistainment) ebenso, wie für die Spielerverpflichtungen. Und die sind ja nun wirklich immer erstklassig! Vor allem in Zeiten, wo wir 2020 mittlerweile vier (!) Rasenturniere in Deutschland haben werden, ist es doch unvermeidlich, sich ein Stückweit neu zu erfinden, um sich abzusetzen von der geballten Masse. Das Alleinstellungsmerkmal der einstigen GWO ist futsch, Image und Turniermarke sind recht luftig und das Karriereende eines Roger Federer, der die GCO zweifellos beatmet, ist nicht fern. Das bisherige Vorzeigeprojekt in HalleWestfalen ist sicher vieles, aber gewiss kein Selbstläufer. Wenn die Webers jetzt nicht weitsichtig agieren und sich immer wieder ein Stückweit neu erfinden, dann…