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Generationen-Problem

Gene­ra­tio­nen-Pro­blem


Von Chris­toph Kellermann.

Ursprungs­da­tum: 13.02.2019

Es ist nicht mehr weg­zu­dis­ku­tie­ren: wir haben in Ten­nis-Deutsch­land ein mas­si­ves Nach­wuchs­pro­blem. Das »Ü30-Team«, wel­ches sich in der ver­gan­ge­nen Woche in Braun­schweig beim Fed Cup zwei­fel­los nach Kräf­ten müh­te, war nicht in der Lage, dem ambi­tio­nier­ten Weiß­russ­land auch nur annä­hernd Paro­li zu bie­ten. Im Gegen­teil: Die deut­schen Ladies, ger­ne auch mit dem Label »Gol­de­ne Gene­ra­ti­on« eti­ket­tiert, wur­den in eige­ner Hal­le beim 0:4 regel­recht vor­ge­führt und spie­len nun ein­mal mehr um den Klassenerhalt.

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© Jür­gen Hasenkopf

Nun könn­te man sagen: „Wen inter­es­sie­ren die bei­den Wett­be­wer­be Davis Cup und Fed Cup über­haupt noch? Längst haben die­se einst so ruhm­rei­chen Mann­schafts­po­ka­le ihre Strahl­kraft ver­lo­ren. Auf jeden Fall aber decken sie die Gene­ra­ti­ons-Pro­ble­me im deut­schen Ten­nis scho­nungs­los auf. Beim Davis Cup wur­de jüngst sei­tens der deut­schen Füh­rung der unglaub­li­che Team­geist nach vor­ne gescho­ben, gegen einen fünft­klas­si­gen Geg­ner wohl­ge­merkt und inklu­si­ve des sport­li­chen Offen­ba­rungs­eids des mitt­ler­wei­le 32-jäh­ri­gen Phil­ipp Kohl­schrei­ber, der frei­wil­lig par­tout nicht Platz machen will für die weni­gen Jungs, die nach­kom­men. Völ­lig unver­ständ­lich, dass Team­chef Kohl­mann Welt­meis­ter Zverev nicht jun­ge, arri­vier­te Nach­wuchs­kräf­te zur Sei­te stel­len darf.

Bei den Damen hät­te Team­chef Jens Ger­lach eben­falls die Chan­ce gehabt, gegen Weiß­russ­land jun­ge Mäd­chen ins kal­te Was­ser zu wer­fen. Statt­des­sen setz­te er erneut auf eine wei­te­re Ü30-Par­ty. Tat­ja­na Maria, Andrea Pet­ko­vic, Lau­ra Sie­ge­mund & Co. wur­den von ambi­tio­nier­ten, jun­gen und hung­ri­gen Geg­ne­rin­nen erwar­tungs­ge­mäß nach Belie­ben ver­nascht. Dass Sabi­ne Lisi­cki nicht auch noch im Kader war, hat schon fast über­rascht. Die weni­gen deut­schen Mädels aus dem hoch gelob­ten »Por­sche-Nach­wuchs-Team« befin­den sich in Lau­er­stel­lung, tre­ten aber auf der Stel­le. Ich fra­ge mich, war­um da kei­ne Bewe­gung rein kommt?! Tama­ra Kor­patsch, Anto­nia Lott­ner, Cari­na Witt­höft, Katha­ri­na Hob­gar­ski, Lena Rüf­fer, Katha­ri­na Ger­lach — alles Spie­le­rin­nen der viel ver­spre­chen­den U23-Gene­ra­ti­on, deren Aus­bil­dung viel Geld ver­schlingt — kom­men sport­lich nicht vor­an und krie­gen irgend­wie auch abso­lut kein Ver­trau­en geschenkt.

Was genau machen eigent­lich Becker und Ritt­ner als »Head of Mens und Womens Ten­nis«? Anstatt den Nach­wuchs und die so genann­te »zwei­te Rei­he« bedin­gungs­los zu pushen, hän­gen sie bei einem Grand Slam zwei Wochen lang pau­sen­los an ihren Euro­s­port-Mikros und schwa­feln mit einer nicht zu top­pen­den Imper­ti­nenz ihre Dau­er­flos­keln daher, wäh­rend im Junio­rin­nen- und Junio­ren-Wett­be­werb kein (!) ein­zi­ger DTB-Ver­tre­ter zu sehen war.

Die Pro­ble­me jeden­falls sind allen aber offen­sicht­lich bekannt. So wur­de Ritt­ner in Mel­bourne bei­spiels­wei­se nicht müde, fest­zu­stel­len, dass im deut­schen Ten­nis zwi­schen den aktu­el­len Spit­zen­spie­le­rin­nen und dem Nach­wuchs eine immense Lücke klaf­fe. Gut erkannt! Jeder Erkennt­nis soll­te aber auch eine Akti­on fol­gen. Doch was tun die »Heads of Important Ten­nis-Peo­p­le« wirklich?

Und was tun eigent­lich die mitt­ler­wei­le gefühlt 1.000 offi­zi­el­len Bun­des­trai­ner des Deut­schen Ten­nis Bun­des (selbst eine Hand­voll Roll­stuhl­fah­rer hat mitt­ler­wei­le derer vier!), außer ein paar Lehr­gän­ge abzu­hal­ten und alles schön zu reden? Das Gene­ra­ti­ons-Pro­blem des DTB ist haus­ge­macht. Dass die bei­den deut­schen Leit­fi­gu­ren Ker­ber und Gör­ges in die­sen Tagen ein­mal mehr ihr eige­nes Ding durch­ge­zo­gen haben, anstatt sich die Natio­nal­flag­ge umzu­hän­gen, ist neben­bei bemerkt genau­so ärger­lich. Auch damit war zu rechnen.

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