Cosa-Nostra-Cup
Von Christoph Kellermann.
Ursprungsdatum: 20.08.2018
Es gibt nicht wenige Tennisenthusiasten und Szenekenner, die den umstrittenen ITF-Boss David Haggerty und dessen Kumpanen in einen Topf mit Fußball-Funktionären wie Sepp Blatter oder Gianni Infantino werfen und die mächtige International Tennis Federation (ITF) in das Trikot der korrupten FIFA stecken wollen. An Haggertys verrückten Reformplänen für den traditionsreichen und legendären Davis Cup scheiden sich die Geister. Auf die weitreichenden Änderungen, die Haggerty ab 2019 anstrebt, muss ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Wir haben in den vergangenen Monaten genug darüber lesen müssen.

Fakt ist, dass Haggerty heute von den anwesenden 147 Mitgliedsstaaten mit 71,4 % der Stimmen die erforderliche Zweidrittelmehrheit für seine Pläne einfahren konnte. Der faszinierende Davis Cup, so wie wir ihn alle kennen und lieben, ist mit der heutigen Wahl definitiv beerdigt worden. Es gibt ab sofort keine Heimspiele und auch keine packenden Fünfsatzmatches mehr — all dies ist nun Geschichte. Was 118 Jahre lang die Tenniswelt begeisterte, wird nun von einer Hand voll Deppen über den Haufen geworfen. Der heutige Tag der ITF-Generalversammlung in Orlando jedenfalls wird in die Tennis-Geschichtsbücher eingehen. David Haggerty leider auch.
DTB-Präsident ist fassungslos
„Für uns ist das Ergebnis eine herbe Enttäuschung, die uns erst einmal fassungslos macht”, wird DTB-Präsident Ulrich Klaus zitiert. „Wir sind bis zum Schluss davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Mitgliedsnationen vernünftig und mit Bedacht abstimmen würde. Wir haben stets betont, dass wir gewisse Anpassungen im Davis Cup für notwendig erachten – aber keine Reform, die den etablierten Wettbewerb abschafft“, sagt Klaus, der in Orlando für den deutschen Dachverband gegen die Reform stimmte.

Der DTB veröffentlichte in seiner heutigen Pressemitteilung: »Das nun beschlossene neue Format, das bereits ab 2019 ausgetragen wird, sieht eine Qualifikationswoche im Februar mit Heim- und Auswärtsspielen sowie eine Endrunde für die besten 18 Teams an einem neutralen Ort vor – im Anschluss an die ATP World Tour Finals im November. Die ITF verspricht Einnahmen in Milliardenhöhe durch die Investmentgruppe Kosmos, mit dem spanischen Fußballstar Gerard Piqué an der Spitze – angeblich drei Milliarden Dollar in den nächsten 25 Jahren. Konkrete Zahlen und transparente Hintergründe zu der geplanten Finanzierung wurden im Vorfeld der Abstimmung nicht veröffentlicht.«
Geldgierig und ohne jede Vernunft
Davon völlig ungeachtet feiern Haggerty und die Investmentgruppe Kosmos ihren heutigen Triumph ausgelassen. Mit Milliarden von US-Dollar wollen sie den wichtigsten Teamwettbewerb im nächsten Vierteljahrhundert zuscheißen. Die Majorstaaten USA und Frankreich sowie zahlreiche kleinere Verbände haben den Davis Cup gemeinsam mit diesem mehr als dubiosen Verbund von Destrukteuren großartiger Traditionen geldgierig und ohne auch nur den Hauch von Vernunft verraten. Große Tennisnationen wie England, Australien, Deutschland und auch die Vertreter der ATP-Tour sowie zahlreiche Profispieler schütteln derweil völlig zu Recht den Kopf. Dwight Filley Davis, der Erfinder des gleichnamigen magischen Teamwettbewerbs, muss sich doch im Grabe drehen wie ein Ventilator. Hoffentlich haben Haggerty & Co wenigstens einen Alternativnamen für ihren neu geschaffenen und höchst umstrittenen Wettbewerb. »Cosa Nostra Cup« würde passen.