Ergebnis-Turn

Ergeb­nis-Turn


Hal­lo Big­gy. Immer wie­der schnappt man Resul­ta­te auf, die einen stut­zig machen. Zum Bei­spiel die­ses hier: Pli­s­ko­va siegt gegen Toml­ja­no­vic mit 6:1, 1:6, 6:1. Auch Resul­ta­te wie 7:6, 0:6, 6:0 sind nicht sel­ten. 7:6, 6:0 sowie­so. Wie kann es sein, dass Sät­ze in ein und der­sel­ben Par­tie so unter­schied­lich ver­lau­fen kön­nen? Kann man dies aus Dei­ner Sicht psy­cho­lo­gisch erklären?

Bri­git­te Neu­mann: Das ist eine sehr, sehr gute Fra­ge! Wenn ein Spie­ler (A) den ers­ten Satz mit 6:1 gewinnt, zeigt das, dass er sich opti­mal vor­be­rei­tet hat. Kör­per­lich, men­tal und mit einer Spiel­tak­tik, die per­fekt auf die Spiel­ge­wohn­hei­ten des Geg­ners (B) aus­ge­rich­tet ist. Der Geg­ner (B) ist irri­tiert, aus dem Rhyth­mus. Er über­legt spä­tes­tens in der Satz­pau­se, was er an sei­nem Spiel ändern kann, um sei­nen Gegen­über bes­ser unter Druck zu set­zen. Er stellt sei­ne eige­ne Tak­tik um, moti­viert sich und geht gna­den­los in den zwei­ten Satz. Nur mit einer kla­ren Stra­te­gie und dem Wis­sen, dass er mehr eige­ne Stär­ken hat, als die, die er bis­her gezeigt hat, kann er sei­nen Kon­tra­hen­ten über­ra­schen. +++ Im zwei­ten Satz geht Spie­ler A viel­leicht sie­ges­si­cher und even­tu­ell zu ent­spannt ans Werk. Es kann sein, dass er in der Pau­se die Span­nung ver­lo­ren hat. Mit dem ver­än­der­ten Spiel sei­nes Geg­ners (B) kommt er völ­lig aus dem Tritt, wird unsi­cher, ver­krampft und nega­tiv. Dabei fließt zu viel Ener­gie ins Hadern um die eige­nen Feh­ler. +++ Im drit­ten Satz zeigt sich die men­ta­le Stär­ke von Spie­ler (A). Er hakt den ver­lo­re­nen Satz ab, besinnt sich wie­der auf sei­ne Stär­ken, erin­nert sich an den gewon­nen ers­ten Satz und moti­viert sich. Er pusht sich, der unbän­di­ge Wil­le zum Sie­gen steigt wie­der. Sei­ne posi­ti­ve Ener­gie baut sich wie­der auf. Er spielt sich in einen Tun­nel, in einen Rausch – auch »Flow« genannt. Der Kör­per scheint von allei­ne zu wis­sen, wie es geht.

             

Ziele visualisieren

Zie­le visualisieren


Visua­li­sie­ren ist eine Metho­de, Dei­ne Vor­stel­lungs­kraft zu nut­zen, um das zu ver­wirk­li­chen, was Du in Dei­nem Leben willst. Es han­delt sich dabei um nichts Neu­es oder Unge­wöhn­li­ches. Du setzt Dei­ne Phan­ta­sie ein und lässt einen Wunsch als rea­les Bild vor Dei­nem inne­ren Auge ent­ste­hen. In Berich­ten von erfolg­rei­chen Men­schen lesen wir, dass alle eine inne­re Vor­stel­lung von ihrem Erfolg hat­ten. Sie waren gera­de­zu beses­sen von der Idee, eine per­fek­te Leis­tung zu zei­gen und dafür eine hohe Aner­ken­nung zu bekommen.

1. Setz Dir ein Ziel! Stell Dir genau vor, was Du ver­wirk­li­chen willst. Such Dir zunächst ein Ziel, an das Du leicht glau­ben kannst und Du die Mög­lich­keit siehst, es bald zu ver­wirk­li­chen (z.B. unter Druck nicht mehr ängst­lich, son­dern aggres­siv und mutig wei­ter­zu­spie­len). So hast Du von Anfang an mehr Erfolgs­er­leb­nis­se beim Erler­nen der Tech­nik. Wenn Du mehr Übung hast, gehst Du Zie­le an, die Dich mehr fordern.

2. Mach Dir ein mög­lichst genau­es Bild von Dei­nem Ziel! Stell Dir im Geist Dei­ne Wunsch­si­tua­ti­on genau­so vor, wie Du sie Dir erträumst. Male Dir Dein inne­res Erfolgs­er­leb­nis. Den­ke ein­fach, dass Dein Wunsch bereits Wirk­lich­keit ist. Mal Dir in allen Ein­zel­hei­ten aus, wie Du Dich dann fühlst, wo Du bist, was pas­siert. Viel­leicht kannst Du Dir sogar vor­stel­len, wel­che Gerü­che und Geräu­sche Du wahr­nimmst, wel­che Men­schen dabei sind und wie die­se reagie­ren (z.B. ein Tur­nier­ge­winn, die Sie­ger­eh­rung, applau­die­ren­de Zuschau­er, stol­ze Eltern, ein Schluck Sekt aus dem Pokal).

3. Gib Dei­nem Ziel posi­ti­ve Ener­gie durch Affir­ma­tio­nen! Sei opti­mis­tisch wenn Du Dich auf Dein Ziel kon­zen­trierst. Bekräf­ti­ge mit posi­ti­ven, kur­zen For­meln Dei­nen Wunsch, als ob er bereits erfüllt wäre. Ver­su­che Zwei­fel und Beden­ken nicht zu beach­ten und lass immer mehr das Gefühl zu, dass Dein Ziel mög­lich ist. Eine Affir­ma­ti­on könn­te sein: „ Ich spie­le von Tag zu Tag immer bes­ser und bes­ser, total kon­zen­triert und erfolg­reich“. Mit der Zeit inspi­riert die­se For­mel Dein Unterbewusstsein.

4. Kon­zen­trie­re Dich auf Dein Ziel und übe täg­lich kon­se­quent! Durch regel­mä­ßi­ges Visua­li­sie­rungs­trai­ning wird Dein Wunsch zu einem Teil Dei­nes Lebens und nimmt kon­kre­te For­men an. Je öfter Du Dein Erfolgs­bild vor Dei­nem inne­ren Auge siehst, umso wahr­schein­li­cher wird die Ver­wirk­li­chung. Bei Dei­nen Übun­gen soll­test Du unge­stört an einem ruhi­gen Ort sein. In ent­spann­tem Zustand ist die­ses Visua­li­sie­rungs­trai­ning am effek­tivs­ten. Ich emp­feh­le, jeweils mor­gens nach dem Auf­wa­chen, vor dem Trai­ning und immer abends vor dem Ein­schla­fen jeweils 10 Minu­ten zu üben. Schlie­ße Dei­ne Augen, atme ein paar Mal ruhig und tief bis in Dei­nen Bauch und begin­ne, wenn Du Dich ruhig und ent­spannt fühlst. Stel­le Dir die Erfül­lung Dei­nes Trau­mes deut­lich vor (sie­he Punkt 2) und sprich dann 3 x laut Dei­ne Wunsch­for­mel aus. Auch auf dem Platz, beim Sei­ten­wech­sel, kannst Du das wie­der­ho­len. Nur wer Visua­li­sie­rungs­tech­ni­ken beherrscht und Zie­le vor Augen hat, kann die­se auch erreichen!

             

Rafa weiß, was er kann!

Rafa weiß, was er kann!


Lie­be Frau Neu­mann, ich bin 17 Jah­re alt und ein gro­ßer Nadal-Fan. Ich fra­ge mich, wie man men­tal so stark sein kann? Ich bewun­de­re das sehr und wür­de auf die­sem Gebiet ger­ne eben­so stark wer­den. Ich las, dass Sie ver­schie­de­ne Spit­zen­sport­ler in die­ser Hin­sicht betreu­en. Wie arbei­tet ein Super­star wie Rafa an sei­ner Psy­che und wie lan­ge dau­ert es, ein sol­ches Niveau zu erreichen?

Bri­git­te Neu­mann: »Eigent­lich« ein­fach: Rafa weiß, was er kann und was er braucht, um mög­lichst per­fekt Ten­nis zu spie­len! Rafa hat durch sein pro­fes­sio­nel­les Umfeld früh gelernt, was zum Leben als Pro­fi dazu­ge­hört: gute Aus­bil­dung in Tak­tik, Tech­nik und Kör­per, exzel­len­tes Mate­ri­al und die rich­ti­gen Men­schen um ihn her­um. Aber auch ein Gefühl der Sicher­heit, wenn’s »um die Wurst« geht. Auch ein Nadal hat Ängs­te, Befürch­tun­gen und men­ta­le Schwie­rig­kei­ten. Aller­dings hat er die aus­spre­chen dür­fen und sei­ne ganz indi­vi­du­el­len Ritua­le ent­wi­ckelt, die er nutzt, um wäh­rend des Matches sei­ne Ruhe und den Fokus zu hal­ten. Ver­mut­lich hat kei­ner in sei­nem Team gelacht, als er die­ses Zup­fen an Nase und Ohren ent­wi­ckelt hat, um sich gut zu füh­len. Auch die Stel­lun­gen sei­ner Fla­schen bezeu­gen ihm beim Sei­ten­wech­sel: »Alles ist OK!” Das wirkt nach drau­ßen merk­wür­dig, ist aller­dings das, was für ihn das Bes­te ist. Wie lan­ge eine sol­che Ent­wick­lung der men­ta­len Stär­ke dau­ert, ist unter­schied­lich und hängt von den Anfor­de­run­gen ab. Fin­de her­aus, was Du rea­lis­tisch kannst. Erwar­te nicht mehr von Dir, als Du aktu­ell in der Lage bist zu geben. Fin­de her­aus, wel­che Gedan­ken und Gefüh­le Dich wäh­rend eines Matches abhal­ten, Dei­ne bes­te Leis­tung zu brin­gen. Und dann suche nach Ritua­len, die Dich beruhigen.

             

Meditative Techniken

Medi­ta­ti­ve Techniken


Hal­lo Frau Neu­mann! Schon jetzt vie­len Dank für die Beant­wor­tung mei­ner Fra­ge, die wie folgt lau­tet: Wel­che »medi­ta­ti­ven Tech­ni­ken« emp­feh­len Sie jun­gen Ten­nis­spie­le­rin­nen und ‑spie­lern, die sich auf dem Sprung in den Pro­fi­sport befin­den? Ich arbei­te in unse­rer Aka­de­mie mit vie­len Spie­le­rin­nen und Spie­lern zusam­men und wür­de da gern Übun­gen zusam­men­stel­len, wohl­wis­send, dass Vie­les sicher auch sehr indi­vi­du­ell zu betrach­ten ist!

Bri­git­te Neu­mann: Du hast Recht: Die Anwen­dung von Medi­ta­ti­on im Ten­nis­sport ist sehr viel­fäl­tig und nie mono­kau­sal zu sehen. Für eine lang­fris­ti­ge Wir­kung sind »Auto­ge­nes Trai­ning«, »Pro­gres­si­ve Mus­kel­ent­span­nung nach Jacob­sen«, »Acht­sam­keits­übun­gen« oder »Ruhe­me­di­ta­tio­nen« zu emp­feh­len. Das bringt Men­schen grund­sätz­lich in die Lage, den eige­nen Kör­per bes­ser wahr­zu­neh­men und posi­tiv zu beeinflussen.

Für eine schnel­le Ein­fluss­nah­me auf dem Platz sind »Atem­tech­ni­ken« und »men­ta­le Übun­gen« sinn­voll. Wenn bei­spiels­wei­se der Kör­per ver­krampft, weil bei­spiels­wei­se Angst vor Ver­sa­gen ver­spürt wird, dann hel­fen nur Atmen, kla­re Affir­ma­tio­nen und Visua­li­sie­ren einer opti­ma­len Situa­ti­on. Die­se men­ta­len Fähig­kei­ten sind in einem ent­spann­ten Zustand wäh­rend einer Visua­li­sie­rungs­übung erlern­bar. Du siehst, lei­der kann ich Dir da nicht in Kür­ze hand­fes­te Werk­zeu­ge an die Hand geben. Viel­leicht fin­dest Du in Dei­ner Umge­bung Mentaltrainer/innen, die Dir in einer Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­me neue Ideen ver­mit­teln. Dan­ke, dass Du als Trai­ner auch die men­ta­le Sei­te des Sports erkennst und Dei­ne Schütz­lin­ge auch hier Unter­stüt­zung geben willst.

             

Pausenrituale

Pau­sen­ri­tua­le


Guten Tag! Ich wür­de ger­ne wis­sen, wie aus men­ta­ler Sicht sowohl die 25 Sekun­den zwi­schen den Ball­wech­seln, als auch die 90 Sekun­den beim Sei­ten­wech­sel opti­mal genutzt wer­den kön­nen. Ana­ly­se des zuletzt gespiel­ten Punk­tes? Selbst­coa­ching? Eigen­mo­ti­va­ti­on? Ich bedan­ke mich sehr!

Bri­git­te Neu­mann: Nun, im pro­fes­sio­nel­len Pau­sen­ver­hal­ten wäh­rend des Matches zeigt sich der erfah­re­ne und erfolg­rei­che Spie­ler. Ein Cham­pi­on nutzt die Chan­ce zur Rege­ne­ra­ti­on, die in den zahl­rei­chen War­te­zei­ten liegt. Immer­hin besteht ein Match aus nicht weni­ger als 70 % Pau­sen! Wenn Du auch in den Pau­sen auf Hoch­tou­ren läufst, brichst Du am Ende des Matches oder eines Tur­niers unwei­ger­lich ein. Schal­te also wäh­rend eines Sei­ten­wech­sels ab, den­ke opti­mis­tisch, atme ruhig und ent­spannt, traue­re kei­ner ver­pass­ten Chan­ce nach und genie­ße die ent­spann­te Situation.

Gestal­te Dein indi­vi­du­el­les Pausenritual!

1. Auf der Bank genü­gend trin­ken (gera­de bei Hit­ze), ein Stück Bana­ne essen, ablen­ken (Hand­tuch über den Kopf zie­hen) +++ 2. Lang­sam und tief in den Bauch atmen und ein posi­ti­ves Selbst­ge­spräch füh­ren („OK. Die­ses Spiel gehört mir!” – „Ich schaf­fe es!”) +++ 3. Gedank­li­che Vor­be­rei­tung, tak­ti­sche Ein­stel­lung auf die nächs­ten Aktio­nen, das nächs­te Spiel +++ 4. Beim Gang zur Grund­li­nie kla­re Kör­per­spra­che, tie­fes Ein­at­men, Auf­mun­te­rung („Komm jetzt – Come on!”) +++ 5. An der Grund­li­nie leicht bewe­gen, tän­zeln und Kon­zen­tra­ti­on auf Dei­nen Auf­schlag oder den Return. Zwi­schen den Ball­wech­seln kurz den Schlä­ger in die ande­re Hand neh­men und den Schlag­arm aus­schüt­teln, lockern. Dabei immer wie­der posi­tiv den­ken. Die Auf­merk­sam­keit auf den nächs­ten Ball rich­ten und Dich ermuntern.

Nicht zu viel nachdenken!

Bei län­ge­ren Behand­lungs­pau­sen oder bei Regen­un­ter­bre­chun­gen soll­test Du ver­mei­den, über die letz­ten Ball­wech­sel nach­zu­den­ken. Schau nur nach vor­ne, len­ke Dich ab. Wenn Dein Geg­ner mit dem Schieds­rich­ter dis­ku­tiert, dann wen­de Dich ab, höre weg, len­ke Dei­ne Auf­merk­sam­keit auf Dei­nen Schlä­ger oder einen Ball. Bewe­ge Dich, hal­te Dei­nen Kör­per warm. Auch zwi­schen den Auf­schlä­gen hast Du kurz Zeit, um Dich wie­der zu kon­zen­trie­ren. Nach einem eige­nen Feh­ler kannst Du Dich für einen Moment vom Spiel­feld abwen­den, die Anspan­nung mit einem schnel­len, lan­gen Aus­at­men und tie­fen Ein­at­men etwas abbau­en. Lass Dei­ne Wut mit die­sem Aus­at­men hin­aus, natür­lich ohne Schimpf­wör­ter! Danach bewe­ge Dich, moti­vie­re Dich mit einem posi­ti­ven Selbst­ge­spräch („OK – jetzt aber Voll­gas!” oder „Jetzt geht’s los! Das ist mein Punkt!”) Schau, dass Du nach einer Pau­se wie­der »voll da« bist. Alles, was vor­her war, kannst Du nicht ändern. Also kon­zen­trie­re Dich auf den nächs­ten Punkt, denn wir wis­sen alle längst: Der nächs­te Punkt ist der Wichtigste…

             

Selbstvertrauen ist alles

Selbst­ver­trau­en ist alles


Gute Ten­nis­spie­ler zeich­net oft ein uner­schüt­ter­li­ches Selbst­ver­trau­en aus, das auf Ver­trau­en zu sich selbst und zu den eige­nen Fähig­kei­ten beruht. Es kommt also dar­auf an, sich sei­ner selbst, sei­ner Stär­ken und Schwä­chen bewusst zu wer­den. Ein Mensch mit star­kem Selbst­be­wusst­sein ver­fügt über eine inne­re Sicher­heit, auch in unge­wohn­ten und schwie­ri­gen Situa­tio­nen eine gute Lösung zu finden. 

Das Selbst­be­wusst­sein beant­wor­tet die Fra­ge: Wer bin ich? Das Selbst­ver­trau­en bezieht sich auf die Fra­ge: „Was kann ich?” Schreib Dir doch ein­mal auf, was Dei­ne Stär­ken sind, Dei­ne Fähig­kei­ten und Qua­li­tä­ten. Was Dich als Mensch, als Ten­nis­spie­ler und als Freund aus­zeich­net. Wenn Du Dich selbst nicht erkennst, dann fra­ge gute Freun­de, Eltern oder Trai­ner, wie sie Dich sehen.

Hier eini­ge Mög­lich­kei­ten, wie Du Dein Selbst­ver­trau­en bes­ser ent­wi­ckeln und fes­ti­gen kannst: Eine gute kör­per­li­che Ver­fas­sung sichern: „Ich bin fit“, das ist die wich­tigs­te Vor­aus­set­zung für den Erfolg +++ Wie­der­ho­len, was Du kannst: „Dar­auf kann ich mich ver­las­sen, das hab ich drauf!“ Das schafft inne­re Sicher­heit und führt zu rea­lis­ti­scher Selbst­ein­schät­zung +++ Ermun­tern, loben (durch den Trai­ner und sich selbst): „Das kannst Du rich­tig gut, das hast Du gut gemacht!“ +++ Eige­ne Erfah­run­gen machen: Nur wer etwas Neu­es aus­pro­biert, immer wie­der den Schwie­rig­keits­grad des Trai­nings stei­gert, auch gegen stär­ke­re Geg­ner die Her­aus­for­de­rung sucht, bekommt mehr Ver­trau­en in die eige­ne Stär­ke. Erfolgs­er­leb­nis­se spor­nen an zur Wei­ter­ent­wick­lung +++ Anfeu­ern durch Ver­glei­che zu ande­ren: „Wenn der das kann, kann ich das auch!“ +++ Selbst­über­zeu­gung: „Ich habe gut trai­niert, ich weiß, was ich kann!“ +++ Selbst­sug­ges­ti­on: „Ich kann es und ich schaf­fe es!“ Mit die­sem posi­ti­ven, inne­ren Dia­log bringst Du Dich auf die Erfolgs­spur +++ Umgang mit Erwar­tungs­druck: „Jetzt wer­de ich zei­gen, was ich kann!“ Erfolgs­ori­en­tier­te Spie­ler wer­den durch Druck her­aus­ge­for­dert und moti­viert +++ Nicht lan­ge über eige­ne Feh­ler grü­beln, son­dern nach Lösun­gen suchen und den Feh­ler ver­bes­sern +++ Visua­li­sie­rung: Was mache ich beim nächs­ten Match bes­ser?“ Inne­re Sicher­heit ist die Vor­aus­set­zung für Selbst­ver­trau­en. Nur durch Erfolgs- und Aner­ken­nungs­er­leb­nis­se ent­wi­ckeln wir eine sta­bi­le Per­sön­lich­keit. Mit inne­rer Sicher­heit wer­den anspruchs­vol­le Zie­le opti­mis­tisch ver­folgt, Kri­sen bes­ser gemeis­tert. Mehr Krea­ti­vi­tät, mehr Fle­xi­bi­li­tät und Leistung.

             

Gute Tenniseltern sein

Gute Ten­nis­eltern sein


Guten Tag Frau Neu­mann! Mein Mann und ich möch­ten unse­re Toch­ter auf dem Weg zum pro­fes­sio­nel­len Ten­nis gern beglei­ten und best­mög­lich unter­stüt­zen. Wel­che Rol­le kommt uns Eltern hier­bei aus sport­psy­cho­lo­gi­scher Sicht zu? Gibt es Berei­che, die sich Mut­ter und Vater even­tu­ell auf­tei­len kön­nen? Und abschlie­ßend: Gibt es Din­ge, auf die wir Eltern in Zei­ten von Coro­na, wo ja alles ein wenig anders ist, beach­ten soll­ten? Ich bedan­ke mich im Vor­aus für Ihre Antwort!

Bri­git­te Neu­mann: Wie schön, dass sich Ten­nis­eltern Gedan­ken machen, wie sie ihren Nach­wuchs opti­mal auf dem Weg zum Pro­fi­le­ben unter­stüt­zen kön­nen! Eltern sind unver­zicht­bar für das leis­tungs­sport­li­che Enga­ge­ment von jun­gen Sportler*innen. Ohne die Eltern ist es unmög­lich, aus talen­tier­ten Kin­dern einen Spit­zen­sport­ler, eine Spit­zen­sport­le­rin zu for­men. Die Orga­ni­sa­ti­on von Schu­le, Trai­ning, Wett­kampf und Fami­li­en­le­ben ist ein wah­rer Balan­ce­akt und erfor­dert Orga­ni­sa­ti­ons­ta­lent, star­ke Ner­ven und einen rea­lis­ti­schen, von allen Betei­lig­ten akzep­tier­ten Plan. Zusätz­lich sind Eltern meist Bin­de­glied zwi­schen Sportler*in, Trai­ner, Ver­band, Mana­ger und ggf. Sponsor.

Wenn Ihre Toch­ter bereits eine Pro­fi­lauf­bahn anstrebt, gehe ich davon aus, dass Sie sich alle mit den schwie­ri­gen Momen­ten in die­ser Lebens­pha­se beschäf­tigt haben. Fol­gen­de Basis­fra­gen soll­ten von Ihnen als Eltern geklärt sein, um gut star­ten zu können:

1) Ist unse­re Toch­ter selbst­stän­dig und men­tal stark genug, auch allei­ne zu Tur­nie­ren zu rei­sen? Was genau fehlt hier even­tu­ell noch? +++ 2)  Wie viel per­sön­li­che Unter­stüt­zung braucht sie von uns als Eltern? +++ 3) Hat unse­re Toch­ter den »rich­ti­gen« Trai­ner, das per­fek­te Umfeld (Kon­di­t­rai­ner, Phy­sio, Men­tal­coach)? +++ 4) Wie ver­läuft die Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Spie­le­rin, Eltern und dem Trainerteam?

Auch wenn Sie als Eltern Ihre Toch­ter bis hier­hin per­fekt betreut haben, braucht es jetzt ein pro­fes­sio­nel­les Team, um wett­kampf­ori­en­tiert und erfolg­reich arbei­ten zu kön­nen. Das heißt auch: Los­las­sen! Ich weiß, das fällt oft schwer und braucht viel Ver­trau­en in das Trai­ner­team. Bit­te kri­ti­sie­ren Sie nie in der Öffent­lich­keit die Metho­den der Coa­ches. Sie ris­kie­ren sonst eine Irri­ta­ti­on Ihrer Toch­ter. Blei­ben Sie mit regel­mä­ßi­gen Gesprä­chen aber wei­ter­hin am Ball. Gera­de in Zei­ten von Coro­na soll­ten Sie sich zurück­neh­men kön­nen. Meist darf nur der Trai­ner mit zum Trai­ning oder Match. Sie müs­sen »drau­ßen blei­ben«. Das heißt auch, dass Sie vie­les nicht so genau mit­be­kom­men, was da abgeht. Bei Unsi­cher­hei­ten unbe­dingt kom­mu­ni­zie­ren, nach­fra­gen, klären.

Eine Auf­tei­lung der Auf­ga­ben zwi­schen Ihnen und Ihrem Mann ist mög­lich. Die Per­son, die am sichers­ten ist in Kom­mu­ni­ka­ti­on, Stra­te­gie und Ziel­ver­fol­gung, wird zustän­dig für Abwick­lung, Ver­trä­ge, fach­li­che Aus­ein­an­der­set­zung. Der empa­thi­sche­re Eltern­teil küm­mert sich um Für­sor­ge, tag­täg­li­che Abläu­fe, Trost, Ermun­te­rung, Ernäh­rung, Entspannung.

Gesun­de Moti­va­ti­on ist wich­tig und not­wen­dig. Stär­ken Sie Ihrer Toch­ter den Rücken. Hal­ten Sie aus, wenn die Erfolgs­kur­ve nicht steil nach oben steigt. Machen Sie deut­lich, dass Sie in jeder Pha­se der Ent­wick­lung für Ihre Toch­ter da sind. Unter­stüt­zen Sie in schwie­ri­gen Zei­ten, wenn die Lust auf Quä­le­rei, Ver­zicht und Dis­zi­plin ver­lo­ren scheint, das Akzep­tie­ren von Nie­der­la­gen schwer­fällt. Gehen Sie auf den Tur­nie­ren mit gutem Bei­spiel vor­an. Sei­en Sie fair zu Geg­ne­rin­nen und deren Begleitung.

Viel­leicht stel­len Sie sich den fol­gen­den Fra­gen, die Ant­wor­ten brin­gen Klar­heit in Ihr Ver­hal­ten als Tenniseltern:

Was sind mei­ne Zie­le, mei­ne Erwar­tun­gen an die sport­li­chen Leis­tun­gen mei­nes Kin­des? +++ Stim­men die­se Zie­le mit denen mei­nes Kin­des über­ein? +++ För­de­re ich mein Kind sei­nes indi­vi­du­el­len Leis­tungs­ver­mö­gens ent­spre­chend? +++ Brin­ge ich mei­nem Kind genü­gend mensch­li­che Wert­schät­zung und Zunei­gung ent­ge­gen? +++ Wie viel Druck/Zwang übe ich auf mein Kind aus? +++ Ver­glei­che ich mein Kind in ange­mes­se­ner Wei­se mit ande­ren? Wel­che Maß­stä­be lege ich an? +++ Haben wir mit allen Betei­lig­ten (inklu­si­ve Trai­ner) eine kla­re Ziel­ver­ein­ba­rung getrof­fen? Haben wir »Spiel­re­geln« fest­ge­legt? +++ Wer­den fest­ge­leg­te Zwi­schen­zie­le erreicht? +++ Bin ich in einem ange­mes­se­nen Maß ins Trai­ning ein­ge­bun­den? +++ Wie oft unter­hal­te ich mich mit dem Trai­ner mei­nes Kin­des? +++ Kann ich den tak­ti­schen Anwei­sun­gen der Trai­ner zustim­men, sei­ne Auto­ri­tät aner­ken­nen? +++ Wie ist mein Kon­flikt­ver­hal­ten? Wie kri­ti­sie­re ich mein Kind, den/die Trai­ner? Kann ich Kri­tik anneh­men? Wie gehe ich damit um? +++ Bin ich ein posi­ti­ves Vor­bild für mein Kind (im Umgang mit dem Geg­ner und sei­nen Eltern im Ver­hal­ten auf dem Platz)? +++ Kann ich die natür­li­chen Gren­zen mei­nes Kin­des erken­nen und akzep­tie­ren? +++ Wie gehe ich damit um, wenn mal »nichts geht«? +++ Brin­ge ich genü­gend Geduld auf oder bin ich auf kurz­fris­ti­ge Erfol­ge aus? +++ Erken­ne ich auch klei­ne Erfol­ge an? Lobe ich mein Kind? +++ Gebe ich mei­nem Kind genü­gend Raum, sich selbst zu entfalten?

Ich wün­sche Ihnen viel Erfolg und Freu­de beim gemein­sa­men Entwickeln!

             

An sich glauben

An sich glauben


Hal­lo Frau Neu­mann. Mein Sohn ist ein sehr talen­tier­ter Nach­wuchs­spie­ler aus Nie­der­sach­sen. Lei­der schei­tert er immer wie­der an sei­nen Ner­ven, wenn es um die ent­schei­den­den Punk­te geht. Tech­nisch und kon­di­tio­nell ist er sei­nen Gegen­übern eigent­lich nie unter­le­gen, vie­le Matches ver­liert er aber im Kopf. Beson­ders heik­le Situa­tio­nen spie­len sich bei sei­nem Auf­schlag ab. Dann näm­lich, wenn er auf der Vor­teils­sei­te zum zwei­ten Ser­vice grei­fen muss. Hier heißt es dann meist »Dop­pel­feh­ler« oder »Ein­wurf«. Im Trai­ning spielt er ers­te wie zwei­te Auf­schlä­ge mit einer spie­le­ri­schen Leich­tig­keit ins Feld. Wie soll­ten wir Ihrer Mei­nung nach die­ses Pro­blem angehen?

Bri­git­te Neu­mann:  Da Ihr Sohn anschei­nend in allen ande­ren Berei­chen sei­nes Ten­nis­spiels kei­ne oder nur wenig Schwie­rig­kei­ten hat, scheint er sei­nen zwei­ten Auf­schlag von der Vor­teils­sei­te mit einem nega­ti­ven Gefühl in Ver­bin­dung zu brin­gen. Die Emo­tio­nen hei­ßen in die­sem Moment ver­mut­lich »Zwei­fel, Unsi­cher­heit, Ver­sa­gens­angst«. Er beschäf­tigt sich nicht mit dem Schlag an sich, son­dern mit den Fol­gen. Es gibt hier vie­le unter­schied­li­che Metho­den, um aus die­sem Dilem­ma her­aus­zu­fin­den. Es muss eine Umbe­wer­tung der Situa­ti­on statt­fin­den. Eine erfolg­rei­che Metho­de ist die Arbeit mit kine­sio­lo­gi­schen Übun­gen und Affirmationen.

Kine­sio­lo­gie und das Gehirn

Da die Steue­rung der Mus­keln über die bei­den Gehirn­hälf­ten läuft, steht die Kine­sio­lo­gie eng mit der Gehirn­for­schung in Ver­bin­dung. So steu­ert die rech­te Gehirn­hälf­te die lin­ke Kör­per­sei­te und die lin­ke Gehirn­hälf­te die rech­te Kör­per­sei­te. Die lin­ke Gehirn­hälf­te ist die logi­sche und tak­tisch arbei­ten­de Sei­te wäh­rend die rech­te Gehirn­hälf­te Emo­tio­nen wie Angst ver­ar­bei­tet. Die lin­ke Gehirn­sei­te ist dem­nach für das ratio­na­le Den­ken sowie ana­ly­ti­sche Denk­wei­sen ver­ant­wort­lich. Die rech­te Gehirn­sei­te ist hin­ge­gen für die Intui­ti­on, Krea­ti­vi­tät und Gefüh­le zustän­dig. Wenn Angst und Unsi­cher­heit die rech­te Gehirn­hälf­te im Griff haben, bleibt wenig Ener­gie für die lin­ke Hälf­te. Das Resul­tat: Black Out, Panik, Ver­zweif­lung, Aus­weg­lo­sig­keit, Zit­tern des Schlag­arms und der Bei­ne, Kraftlosigkeit.

Ein­fa­che Kör­per­übun­gen regen bei­de Gehirn­hälf­ten an

Durch ein­fa­che Kör­per­übun­gen kann man das Gehirn beid­sei­tig akti­vie­ren, um eine bes­se­re Leis­tungs­fä­hig­keit zu errei­chen. Die­se Kör­per­übun­gen hel­fen, sich in kri­ti­schen Situa­tio­nen bes­ser zu kon­zen­trie­ren. Regel­mä­ßig durch­ge­führt stei­gern die Übun­gen die Leis­tungs­fä­hig­keit. Außer­dem machen sie Spaß und redu­zie­ren mög­li­cher­wei­se bestehen­den Stress und Leistungsdruck.

Über­kreuz-Bewe­gun­gen

Eine mög­li­che Über­kreuz-Übung ist fol­gen­de: Lin­ke Hand zum rech­ten Knie füh­ren dann rech­te Hand zum lin­ken Knie. Etwa zehn Mal wie­der­ho­len. Die­se Übung lässt sich leicht im Trai­nings- und Wett­kampf­all­tag anwen­den. Vor dem Trai­ning oder Match, beim Warm-Up, beim Seitenwechsel.

Affir­ma­tio­nen sind eine Art der Selbst­mo­ti­va­ti­on. Wenn der Spie­ler eine Situa­ti­on nega­tiv bewer­tet, wird sei­ne Ener­gie und Sicher­heit schwin­den. Kla­re posi­ti­ve Sät­ze wie: „Ich kann es und ich schaf­fe es!“  „Bleib ruhig und kon­zen­triert!“ hel­fen dabei an sich zu glau­ben und erfolg­reich zu han­deln. Gleich­zei­tig ver­min­dert ein stoß­ar­ti­ges Aus­at­men (Stress bewusst weg atmen) und das lang­sa­me und tie­fe Ein­at­men (Ruhe und Kon­zen­tra­ti­on in alle Kör­per­zel­len atmen) die Ver­kramp­fung. Eben­so das kur­ze Schüt­teln und damit Ent­span­nen des Schlag­arms  direkt vor dem zwei­ten Aufschlag.

Alle die­se Übun­gen soll­ten bereits in jedem Trai­ning ein­ge­übt wer­den. Bewusst, regel­mä­ßig so lan­ge bis die­ses Vor­ge­hen auto­ma­ti­siert ist und ganz selbst­ver­ständ­lich ange­wen­det wird. Allei­ne die Mög­lich­keit, etwas an der kri­ti­schen Situa­ti­on zu ver­än­dern zu kön­nen, wird Ihrem Sohn hel­fen, wie­der opti­mis­ti­scher an den für ihn beson­de­ren Auf­schlag her­an­zu­ge­hen. Pro­biert es aus! Falls die­se Vari­an­te bei Ihrem Sohn nicht klappt, bit­te mel­den! Da gibt es noch vie­le wei­te­re Möglichkeiten.

„Lass die Angst vor dem Schei­tern nicht grö­ßer sein als die Lust auf das Gelin­gen.“ (Robert Kiyosaki)