Den Sack zuschnüren…

Den Sack zuschnüren…


Hal­lo Steph! Erst ein­mal vie­len Dank für Dei­ne bis­he­ri­gen Tipps. Ich freue mich immer rie­sig, wenn wie­der etwas Neu­es von Dir gepos­tet wird, denn mir gefällt die Kom­bi­na­ti­on aus coo­ler Schrei­be und men­ta­lem Know-How! Dan­ke auch an die­ser Stel­le an die Ten­nis­re­dak­ti­on, dass auch wir ambi­tio­nier­ten Hob­by­spie­ler die Mög­lich­keit haben, auf das Wis­sen von ech­ten Exper­ten zugrei­fen zu kön­nen. Mei­ne Fra­ge an den »HEAD-Man«: Ich spie­le regel­mä­ßig Tur­nie­re, bin mit mei­nen Resul­ta­ten aber nicht so rich­tig zufrie­den. Zu oft habe ich Spie­le dabei, in denen ich teil­wei­se ziem­lich klar füh­re, teil­wei­se mit Satz­bäl­len, den Sack jedoch nicht zuschnü­ren kann. Wie kann ich sol­che Matches künf­tig gewinnen?

Ste­phan Medem: Erst Mal THANX für die Blu­men, auch im Namen mei­ner Exper­ten-Kol­le­gen! »Den Sack nicht zuschnü­ren« zu kön­nen, ist eine bit­te­re Situa­ti­on. Du spielst ja nicht gegen einen über­mäch­ti­gen Geg­ner, der Dich ein­fach so vom Platz knallt, damit lässt sich in der Regel ja rela­tiv locker umge­hen. »Der Typ war ein­fach zu gut« kann man akzep­tie­ren und ganz easy abha­ken, was nicht hei­ßen soll, dass man nicht wei­ter hart trai­niert, sein Spiel ver­bes­sert, um beim nächs­ten Clash viel­leicht sogar zu gewinnen.

In Dei­nem Fall hast Du es mit einem Geg­ner zu tun, der mit Dir auf Augen­hö­he zockt, sonst wärst Du ja zwi­schen­zeit­lich nicht in Füh­rung, hät­test kei­ne Satz­bäl­le. Das Fata­le, was in die­ser Situa­ti­on (nicht nur Dir!) pas­siert: Du spielst nicht mehr im HIER und JETZT. Plötz­lich fängt unser Hirn an, Gedan­ken zu pro­du­zie­ren, die wir über­haupt nicht gebrau­chen kön­nen. „Hey, noch die­sen einen Punkt, dann hast Du den Satz gepackt” — oder: „Tur­nier­sieg, ich kom­me!!!” — oder: „Hof­fent­lich ver­schlägt er/sie den nächs­ten Ball! — oder: „Bit­te, bit­te lie­ber Auf­schlag, lass mich jetzt nicht hän­gen!” — All dies sind Gedan­ken, die sich schon in der Zukunft bewe­gen. „Oh Gott, schon beim letz­ten Tur­nier hat­te ich Satz­ball und schon da konn­te ich den Sack nicht zuma­chen.” — oder: „Schon wie­der die­se Situa­ti­on, ich has­se sie!” — oder: „Mein Vater da drau­ßen schaut schon wie­der so komisch, wie beim letz­ten Mal vor zwei Wochen.” — Hier haben wir Gedan­ken, die sich mit der Ver­gan­gen­heit befas­sen. Bei­des Zeit­for­men, die ein Sport­ler, der Erfolg haben will, über­haupt nicht gebrau­chen kann.

Wie kannst Du die­se fie­se Sabo­ta­ge Dei­nes eige­nen Gehirns unter­bin­den? Ein »ganz ein­fach« kann ich Dir lei­der nicht anbie­ten. Die Gedan­ken sind da, bas­ta! Akzep­tie­re sie! Aber: Du musst ler­nen, Dich in die­sen »Big-Point«-Situationen auf etwas ande­res zu kon­zen­trie­ren. Visua­li­sie­re Dei­nen tolls­ten Sieg! Bewe­ge Dei­ne Bei­ne, als ob’s kein mor­gen gäbe! Fokus­sie­re den Ten­nis­ball so sehr, dass Du sogar die ein­zel­nen Fus­sel oder die Schrift dar­auf erken­nen kannst. Dadurch gibst Du Dir eine sinn­vol­le Auf­ga­be, die Dich dem Sieg näher bringt! Gleich­zei­tig lenkst Du damit Dei­ne Gedan­ken weg von Zukunft oder Ver­gan­gen­heit. Du bist da, wo Du gebraucht wirst: im HIER und JETZT!

             

„Hilfe!”

„Hil­fe!”


„HILFE! Mein Kind kann nicht trai­nie­ren!” — die­sen Hil­fe­ruf höre ich im Moment von sehr vie­len besorg­ten Ten­nis­eltern. Okay, unser gewohn­ter Trai­nings­ab­lauf ist bis auf Wei­te­res in einer abso­lu­ten »Park Posi­ti­on«, NO TENNIS! „Mein Kind wird doch kei­ne Kugel mehr tref­fen!“ — „Alles was bis jetzt trai­niert wur­de, ist jetzt für die Katz!“ —  „Das wird doch ewig dau­ern, bis mein Kind wie­der eini­ger­ma­ßen ver­nünf­tig spie­len wird!“ — „STAY COOL lie­be Ten­nis­eltern!“ Ich gebe Euch hier ein paar Infos zur Entwarnung.

Alle Ten­nis­spie­ler mei­ner Gene­ra­ti­on oder wel­che ein paar Jah­re mehr als ich auf dem Buckel haben, wer­den es bestä­ti­gen kön­nen: Ten­nis war bis vor ein paar Jahr­zehn­ten noch ein rei­ner Som­mer­sport! Denn es gab kei­ne Ten­nis­hal­len! Ten­nis wur­de, je nach Län­ge und Här­te des Win­ters, nur von April bis Okto­ber gespielt. Irgend­wann, wenn es also bei uns in der Schweiz im Okto­ber zu kalt wur­de oder der ers­te Schnee fiel, wur­den unse­re Schlä­ger für ein hal­bes Jahr an den Nagel gehängt… und es wur­de Win­ter­sport gemacht: Eis­ho­ckey, Ski­fah­ren, Lang­lauf. Gut, im Früh­jahr waren die ers­ten Schlä­ge noch etwas har­zig und unkon­trol­liert, aber nach zwei bis drei Wochen lief die Kis­te spä­tes­tens wie­der. Und meis­tens bes­ser, als vor­her. Denn zwei Fak­to­ren spiel­ten uns in die Kar­ten: eine Super-Fit­ness auf­grund der alter­na­ti­ven Sport­ar­ten und man war heiß auf Ten­nis, also »Moti­va­ti­on pur«. In mei­ner Jugend wur­de ich x‑facher Lan­des- und natio­na­ler Meis­ter und gehör­te den Natio­nal-Team an. Sicher­lich wer­den mir vie­le Kol­le­gen beipflichten.

Wir haben doch hier in Deutsch­land eine Men­ge klei­ner »Ten­nis­krüp­pel«. Bit­te ver­zeiht mir mei­ne offen­si­ve Anspra­che. Wir reden von Kids, wel­che schon viel zu früh viel zu viel Ten­nis­spie­len. Zu vie­le Trai­nings­ein­hei­ten, zu vie­le Tur­nie­re. Und das hat nach­weis­lich sehr nega­ti­ve Neben­wir­kun­gen! Ver­let­zun­gen oder kör­per­li­che Schä­den auf­grund von Fehl- oder Über­be­las­tung. Qua­li­täts­ver­lus­te in den ein­zel­nen Trai­nings­zei­ten, Moti­va­ti­ons­pro­ble­me in Trai­ning und Tur­nier. Wir sehen zwar bei den gan­zen Kin­der- und Jugend­tur­nie­ren Kids mit toll aus­ge­bil­de­ten Schlä­gen, aber gro­ben Män­geln in Sachen Koor­di­na­ti­on, Sta­bi­li­tät, Beweg­lich­keit, Schnel­lig­keit, Kraft, und psy­chi­scher Sta­bi­li­tät. Gera­de jetzt bie­tet sich eine ein­ma­li­ge Chan­ce. Unse­re Kids kön­nen ja trotz­dem im Gar­ten, auf der Stra­ße oder im Kel­ler ein biss­chen gegen eine Wand spie­len und ihren »Touch« schu­len (es muss ja nicht mit Klo­rol­len sein!). Dar­über hin­aus ist das Web momen­tan gefüllt mit Kon­di­ti­ons-Übun­gen, wel­che daheim gemacht wer­den kön­nen. Hier soll­ten die Kin­der und Jugend­li­chen die weit ver­brei­te­ten Han­di­caps kom­pen­sie­ren und in ihre Gesund­heit und Ten­nis-Zukunft inves­tie­ren. Ihr soll­tet sie dar­auf hin­wei­sen, jedoch nicht zwin­gen. Denn Kin­der, die Zwang brau­chen, sor­ry, die wer­den über kurz oder lang im leis­tungs­ori­en­tier­ten Sport sowie­so auf der Stre­cke bleiben.

Seil­sprin­gen, Lei­ter­lauf, Hüt­chen-Lauf, Sta­bi-Übun­gen, wie gesagt: im Netz sind momen­tan wirk­lich groß­ar­ti­ge Pro­gram­me zu haben, nutzt sie! Jeder von euch, der Ski fährt oder sich ab und zu auf ein Fahr­rad setzt, wird mir bei­pflich­ten. Auch wenn ich zwei Jah­re nicht auf Ski­ern gestan­den bin, die ers­ten paar Schwün­ge sind viel­leicht noch etwas holp­rig und unsi­cher, aber nach der drit­ten oder vier­ten Abfahrt läuft es in der Regel doch wie­der wie geschmiert. Selbst wenn ich mich viel­leicht einen gan­zen Win­ter lang nicht auf mein Radel set­zen konn­te. Bei der ers­ten Fahrt muss man sich viel­leicht noch ein biss­chen kon­zen­trie­ren, auch hier funk­tio­niert die Sache jedes Mal aufs Neue. Okay, am Anfang tut einem viel­leicht noch der Hin­tern ein biss­chen weh, aber dann… Also, lie­be Ten­nis-Mamas und ‑Papas, DON’T PANIC! — das wird alles wie­der! Und ihr wer­det sehen, nach dem »Restart« wer­den eure Kids erst recht durch­star­ten. Mit mehr Kon­di­ti­on, Esprit und Motivation.

             

Mental »Home-Office«

Men­tal »Home-Office«


Hal­lo Ste­phan! Im Netz kur­sie­ren ja der­zeit Tau­sen­de von Home-Übungs­bei­spie­len hin­sicht­lich der kör­per­li­chen Fit­ness. Wie aber kann ich in die­sen Wochen, wo kei­ne Bäl­le flie­gen, daheim mei­ne geis­ti­ge Fit­ness (Kon­zen­tra­ti­on, Atmung, Fokus, etc.) trai­nie­ren? Mei­ne Fra­ge gilt natür­lich aus­schließ­lich dem Tennissport!

Ste­phan Medem: Jap, da hast Du recht. Für Fit­ness gibt’s einen Hau­fen Stoff online! Um das alles abzu­ar­bei­ten müss­te die­se Kri­se wirk­lich ver­dammt lan­ge dau­ern und dass wol­len wir an die­ser Stel­le sicher­lich nicht her­auf beschwö­ren. Ich möch­te Dir den Tipp geben, einen frü­he­ren Blog von mir noch ein­mal auf­zu­grei­fen. Der Titel: »Die ABC Metho­de«. Atmung, Bei­ne, Cine­ma. Sicher­lich hast Du als Mädel irgend­wo einen gro­ßen Spie­gel, vor wel­chem Du nor­ma­ler­wei­se checkst, ob Dein Out­fit passt, bevor Du unter die Leu­te gehst. Nach­dem uns das momen­tan ja lei­der unter­sagt ist, kannst Du den Spie­gel ja mal für Ten­nis­übun­gen »miss­brau­chen«.

Mache Vor­hand, Rück­hand, Vol­ley und Ser­ve-Bewe­gun­gen und beob­ach­te Dich selbst auf­merk­sam dabei. Atme wäh­rend des ima­gi­nä­ren Ball­treff­punk­tes immer mög­lichst explo­siv aus. Bewe­ge dabei Dei­ne Bei­ne zwi­schen den ein­zel­nen »shadow-swings« mög­lichst opti­mal. Mache dazwi­schen immer wie­der ein­mal ’ne Pau­se. In die­sen Pau­sen machst Du rich­tig schö­ne, tie­fe Atem­zü­ge. Ach­te dar­auf, dass Du schön tief in Bauch hin­ein atmest. Dann begin­ne erneut mit Dei­nen Schlag­übun­gen und wie­der­ho­le das so lan­ge Du Bock hast.

Was ist der Vor­teil? Du visua­li­sierst auch gleich­zei­tig Dei­ne Schlä­ge und damit hast den Punkt »Cine­ma« auch gleich in der Tüte. Falls Du zum Bei­spiel Kon­zen­tra­ti­on üben willst, so nimm doch ein­fach mal einen Ten­nis­ball, ein Streich­holz oder sonst etwas Bana­les, leg es vor dir auf den Tisch und beob­ach­te oder beschrei­be es, ohne Dich dabei ablen­ken zu las­sen. Dabei kannst Du ger­ne mal ver­su­chen, einen Timer auf z.B. eine Minu­te zu stel­len und zu kon­trol­lie­ren ob Du es schaffst, Dich die­se Zeit ohne Ablen­kung auf die­ses Objekt zu kon­zen­trie­ren. Ver­mut­lich sind ein paar Ver­su­che nötig, denn unser Ver­stand hat die Ten­denz, immer wie­der abzu­drif­ten. Viel Spaß und bleib gesund!

             

Die »ABC-Methode«

Die »ABC-Metho­de«


Lie­be Ten­nis­re­dak­ti­on, ich bin etwas rat­los, weil ich nicht weiß, wie ich es hin­be­kom­me, in wirk­lich schwie­ri­gen Match­pha­sen etwas mehr Risi­ko­be­reit­schaft zu zei­gen, sprich: aktiv zu wer­den. Ich habe das bei Domi­nic Thiem in Aus­tra­li­en so bewun­dert, als er gegen Zverev spiel­te und immer, wenn es eng wur­de, also bei­spiels­wei­se bei 15:40 oder 30:40, hat er Bäl­le aus­ge­packt, dass sich Alex nur wun­dern konn­te. Ich selbst bin dann immer extrem pas­siv, was oft dann wirk­lich zum Spiel- oder gar Match­ver­lust führt.

Ste­phan Medem: Also, einen Teil der Her­aus­for­de­rung hast Du ja schon gemeis­tert: Du hast die Ursa­che erkannt! Wie kannst Du nun für die Zukunft in sol­chen ent­schei­den­den Situa­tio­nen bes­ser agie­ren? Ich fin­de dafür die »ABC-Metho­de« sehr hilfreich.

A = Atmung! Wenn wir ange­spannt sind oder unter Stress ste­hen, nei­gen wir dazu, flach zu atmen. Also atme in den Pau­sen zwi­schen den Punk­ten bewusst ruhig und tief. Bei der Zuschlag­be­we­gung führt die Anspan­nung dazu, dass wir ver­krampft sind und dadurch nicht mehr rich­tig durch­zie­hen kön­nen. Ach­te dar­auf, dass Du beim Ball­kon­takt aggres­siv und hör­bar aus­at­mest. Genau­so machen es die Pro­fis auch!

B = Bei­ne! Bei Ner­vo­si­tät füh­len sich unse­re Bei­ne schwer und höl­zern an. Mache vor jedem Auf­schlag, auch vor jedem Return ganz bewuss­te leich­te Tän­zel­be­we­gun­gen am Ort. Das lockert Dich auf und bringt Dei­ne Bei­ne gleich­zei­tig in den nöti­gen Muskeltonus.

C = Cine­ma = Kino! Ruhig ein­mal die Augen schlie­ßen und Dir vor­stel­len, bzw. visua­li­sie­ren, wie Dei­ne Schlä­ge aus­se­hen und sich anfüh­len, wenn Du unbe­schwert und locker durch­ziehst. Das ist vor dem Auf­schlag beson­ders wir­kungs­voll. Dafür ist es sehr rat­sam, bei nächs­ter Gele­gen­heit wie­der ein­mal eine Video-Auf­nah­me von Dir machen zu las­sen und die­se danach mehr­mals in Zeit­lu­pe zu betrach­ten. Ich bin mir sicher, Dank mei­ner »ABC-Metho­de« wirst Du in Zukunft auch die kri­ti­schen Match­si­tua­tio­nen mit Esprit meistern.

             

Energiehaushalt

Ener­gie­haus­halt


Hal­lo Ste­phan! Mein Trai­ner hat mir gera­ten, zwi­schen den Punk­ten und auch beim Sei­ten­wech­sel mei­nen Ener­gie­haus­halt zu prü­fen. Der Tipp war sicher­lich gut gemeint, nur kann er mir das nicht näher erklä­ren und auf mich allei­ne gestellt kann ich mit dem Begriff Ener­gie­haus­halt nicht viel anfan­gen. Tol­ler Trai­ner, was?! Nein, er ist echt lieb und meint, dass ich über­prü­fen soll, wie ich emo­tio­nal drauf bin. Kannst Du mir das als Psy­choex­per­te näher erklä­ren? Auch, wie ich mei­ne Atmung bes­ser kon­trol­lie­ren kann? Mein Dad sagt, ich wäre im Match mega ficke­rig und echt wenig aus­ge­gli­chen. Falls das wich­tig ist für Dei­ne Ant­wort: ich bin 15, spie­le Mann­schaft und vie­le Ranglistenturniere…

Ste­phan Medem: Ener­gie­haus­halt?! Den Begriff ken­ne ich, wird aber nach mei­nem Stand des Wis­sens meis­tens im Zusam­men­hang mit »kör­per­li­cher« Ener­gie gebraucht. Mit Kalo­rien, Mine­ra­li­en, Vit­ami­ne, usw. — also in einer sol­chen Art zu haus­hal­ten, dass opti­ma­le, sport­li­che Leis­tun­gen abge­ru­fen wer­den kön­nen. Natür­lich gehö­ren auch The­men wie zum Bei­spiel Schlaf oder Rege­ne­ra­ti­on in die­se »Haus­halts­über­le­gun­gen«.

Also, ich wür­de Dir raten, Dei­nen Trai­ner zu sei­nen Äuße­run­gen noch ein­mal zu kon­sul­tie­ren und um Auf­klä­rung bit­ten. Dei­ne »Ficke­rig­keit« und Unaus­ge­gli­chen­heit im Match ist etwas ganz Natür­li­ches. Wir nen­nen das »Ner­vo­si­tät«! Und die­se kannst Du über eine gute und kon­trol­lier­te Atmung sehr wohl in den Griff bekom­men! Ver­su­che, wäh­rend der Ball­wech­sel Dei­ne Atmung so zu steu­ern, dass Du beim Treff­punkt explo­siv aus­at­mest. Du musst nicht gleich stöh­nen, wie eini­ge der Spie­le­rin­nen und Spie­ler auf der Tour. Aber zum Bei­spiel ein lei­ses »pah« beim Schlag ermög­licht es Dir, die­se Akti­on auch akus­tisch zu über­prü­fen. Dei­ne Schlä­ge wer­den durch die­se Maß­nah­me sofort besser!

Zwi­schen den Ball­wech­seln soll­test Du ver­su­chen, immer eini­ge rich­tig, schö­ne tie­fe und vor allem ruhi­ge Atem­zü­ge ein­zu­bau­en. Das beru­higt nicht nur die Ner­ven, son­dern hilft Dir auch in Dei­nem Rege­ne­ra­ti­ons­pro­zess. Hier­zu noch ein wich­ti­ger Tipp: atme immer erst ganz fest aus, bis Du das Gefühl hast, kei­ne Luft mehr in dei­nen Lun­gen zu haben. Stell Dir Dei­ne Lun­gen als Plas­tik­tü­te vor, aus der Du sämt­li­che Luft her­aus drückst. Dein nächs­ter Atem­zug wird danach ganz auto­ma­tisch tief und mäch­tig sein. Das kannst Du dann bis zum nächs­ten Ball­wech­sel ger­ne ein paar Mal wiederholen.

             

Angst am Netz

Angst am Netz


Hal­lo Ste­phan! Ich möch­te mei­ner Toch­ter die Angst vor dem Netz­spiel, beson­ders vor dem Vol­ley neh­men. Sie hat unge­heu­ren Respekt vor dem Flug­ball, weil sie in einer ihrer ers­ten Trai­nings­stun­den mal einen Ball ziem­lich schmerz­haft direkt ins Gesicht bekom­men hat. Sie äußert immer wie­der den Wunsch, das Netz­spiel erler­nen zu wol­len, zieht sich aber nach jedem offen­si­ven Schlag aus dem Halb­feld wie­der an die Grund­li­nie zurück. Mei­ne Toch­ter ist 13, recht groß gewach­sen und spielt von der Grund­li­nie sehr aggres­siv. Netz­at­ta­cken wären also oft mög­lich. Das weiß sie auch. Hof­fe, Du kannst helfen?!

Ste­phan Medem: Es ist unbe­dingt not­wen­dig, dass Dei­ne »gro­ße« Toch­ter nach ihren aggres­si­ven Grund-und Mit­tel­feld­schlä­gen zum Netz durch­läuft, um den Druck auf die Geg­ne­rin zu erhö­hen und Punk­te abzu­schlie­ßen. Dazu müsst Ihr natür­lich sehr vie­le Vol­leys, nicht nur iso­liert, son­dern vor allem in der Kom­bi­na­ti­on mit Angriffs­bäl­len üben, üben und noch­mals üben, um Ver­trau­en auf­zu­bau­en. Um die Blo­cka­de zu lösen, die Dei­ne Toch­ter noch von »ihrem Abschuss« mit sich her­um­trägt, könn­te fol­gen­de Vor­ge­hens­wei­se hilf­reich sein (hat bei mir schon etli­che Male mit gro­ßem Erfolg funk­tio­niert): stel­le sie ans Netz, wich­tig, sie soll­te den Schlä­ger mit der Rück­hand, ger­ne auch beid­hän­dig, wie einen Schild vor ihrem Kör­per hal­ten (das funk­tio­niert aus phy­sio­lo­gi­schen Grün­den mit der Vor­hand nicht!). Jetzt beginnst Du, von der ande­ren Auf­schlag­li­nie aus, Bäl­le direkt auf Ihren Kör­per zu spie­len. Von Knie­hö­he bis Kopf­hö­he ist alle erlaubt. Sie soll nur ver­su­chen, die Bäl­le abzu­weh­ren und dabei zu schau­en, dass die Kugeln irgend­wie noch auf die geg­ne­ri­sche Spiel­feld­hälf­te fal­len. Erhö­he lang­sam den Druck Dei­ner Bäl­le. Sie wird sehr schnell fest­stel­len, dass sie kei­ne Angst mehr zu haben braucht, da sie mit die­ser »Schild­tech­nik« jeden Ball abweh­ren kann. Soll­te der Fall ein­tre­ten, dass sie aus Angst zurück­weicht, so müss­test Du die Übung so begin­nen, dass sie erst ein­mal mit dem Hin­tern an einer Wand steht und du sie aus ca. fünf bis sie­ben Metern Distanz »unter Beschuss« nimmst. Wich­tig, lang­sam begin­nen, erst ein­mal etwas Selbst­ver­trau­en auf­bau­en und danach den Druck suk­zes­si­ve erhö­hen. Viel Spaß euch beiden!

             

Mentale Champions

Men­ta­le Champions


Hal­lo Ste­phan! Mich wür­de mal inter­es­sie­ren, wel­che Spie­le­rin und wel­chen Spie­ler Du für die, bzw. den men­tal stärks­ten der Ten­nis­ge­schich­te hältst und war­um? Mei­ne per­sön­li­chen Favo­ri­ten sind Stef­fi Graf bei den Damen und Novak Djo­ko­vic bei den Her­ren. Bin gespannt auf Dei­ne Mei­nung! Und PS: wer war der men­tal stärks­te Gegen­über, gegen den Du zu akti­ver Zeit per­sön­lich mal antre­ten durftest?

Ste­phan Medem: Das ist kei­ne leich­te Fra­ge! »Men­ta­le Stär­ke« ist in der Regel kei­ne kon­stan­te Grö­ße. Genau­so wenig wie zum Bei­spiel »kon­di­tio­nel­le Stär­ke«.  Es gibt »Ups and Downs«. Fak­to­ren, wie Anzahl gewon­ne­ner Matches oder Tur­nie­re, Qua­li­tät der Vor­be­rei­tung, Qua­li­tät des Coa­chings sowie natür­lich wei­te­re Rah­men­be­din­gun­gen auf emo­tio­na­ler Ebe­ne, wel­che nicht unbe­dingt direkt mit dem Ten­nis­platz in Rela­ti­on ste­hen müs­sen, spie­len eine gewich­ti­ge Rol­le. Du hast die Bei­spie­le Stef­fi Graf bei den Damen und Novak Djo­ko­vic bei den Her­ren als »men­ta­le Cham­pi­ons« benannt. Das ist sicher­lich rich­tig… aber auch die­se bei­den Aus­nah­me-Spie­ler hat­ten ihre schwa­chen Pha­sen. Stef­fi Graf war gegen ihre »Angst­geg­ne­rin« Moni­ca Seles alles ande­re als »men­tal stark«. Novak Djo­ko­vic hat­te als Num­mer Eins der Welt auch plötz­lich eine grö­ße­re »Iden­ti­täts­kri­se« und ver­lor plötz­lich gegen Wider­sa­cher, die er nor­ma­ler­wei­se rou­ti­ne­mä­ßig abser­vier­te. Wie schon gesagt: »Men­ta­le Stär­ke« ist ein »fra­gi­les Pflänz­chen«, wel­ches viel Pfle­ge, Auf­merk­sam­keit und gutes Zure­den braucht. In mei­ner akti­ven Zeit waren wohl Jim Cou­rier und Tho­mas Mus­ter »men­ta­le Champions«…

             

Wechselseitiger Support

Wech­sel­sei­ti­ger Support


Am Sonn­tag begin­nen die ATP Finals in Lon­don. Mit Andre­as Mies und Kevin Kra­wi­etz haben wir Deut­schen ja im Dop­pel die French-Open-Sie­ger als Eisen im Feu­er. Bei­de sind im Ein­zel unbe­schrie­be­ne Blät­ter und haben im ver­gan­ge­nen Jahr noch Chal­len­ger­luft inha­liert. Was glaubst Du, macht die­se bei­den Spie­ler als Dop­pel­team plötz­lich so stark? Ich schrei­be die­se Fra­ge Dir, weil ich ver­mu­te, dass die Stär­ken im Wesent­li­chen einer gesun­den Psy­che ent­sprin­gen? Weil tech­nisch sind sie heu­te so fer­tig oder unfer­tig wie im letz­ten Jahr. Was macht Dei­ner Mei­nung nach über­haupt das per­fek­te Dop­pel aus? Freue mich auf Dei­ne Expertise!

Ste­phan Medem: Nun, natür­lich spie­len Psy­che und men­ta­le Stär­ke die alles ent­schei­den­den Rol­len im pro­fes­sio­nel­len Ten­nis­sport. Aber abge­se­hen davon, gibt es grund­sätz­lich ein­fach Typen, die es nicht schaf­fen, die »Ups und Downs« in einem Match allei­ne auf die Ket­te zu bekom­men. Als Dop­pel­spie­ler haben sie dann aber einen Part­ner an ihrer Sei­te! Die Ver­ant­wor­tung wird somit schon ein­mal auf zwei paar Schul­tern ver­teilt. Das macht auf dem Ten­nis­platz, wie auch im rich­ti­gen Leben, in der Regel vie­les ein­fa­cher. Gera­de in Pha­sen, in denen es ein­mal nicht so opti­mal läuft, kann ein Part­ner sei­nen Mit­spie­ler schnell wie­der auf Kurs brin­gen. Und damit sind wir eigent­lich schon bei einem der wich­tigs­ten Punk­te, die mei­ner Mei­nung nach ein gutes Dop­pel­team aus­ma­chen: Wech­sel­sei­ti­ger Sup­port! Vor allem dann, wenn einer der Spie­ler mal etwas durchhängt.