Hallo Herr Schnaubelt! Welche Unterschiede muss ein Trainer — was den Trainingsaufbau angeht — im Umgang mit unterschiedlichen Zielgruppen an den Tag legen, sprich: Jugend, Damen/Herren und Seniorinnen/Senioren. Selbstverständlich ist die Ansprache eine etwas andere, aber Aktive der Altersklasse 60 plus sind doch eigentlich mitunter genauso engagiert und ehrgeizig, wie Damen, Herren oder Jugendliche!? Grundsätzlich würde ich alle Altersklassen gern sportlich fordern. Geht man bei den Seniorinnen/Senioren auch an die Grenze der Belastbarkeit? Lehrt man Seniorinnen/Senioren auch noch Spezialschläge oder krempelt man im deren Technik noch einmal auf Links?
Herbert Schnaubelt: Vielen Dank für Deine Fragen! Was den Trainingsaufbau angeht, so herrscht hier in Bezug auf Struktur der Unterrichts- und Trainingseinheiten weitestgehend Übereinstimmung.
1. Warm Up / Aktivierung
2. Technikentwicklung
3. Spielentwicklung / Taktik
4. Cool Down / Stretching
Die Struktur geht von »OPEN« zu »CLOSED« zu »OPEN«. Die prozentuale Gewichtung ist unterschiedlich und den speziellen Bedürfnissen geschuldet. So wird beispielsweise bei Kindern U10 der Teil der Technikentwicklung (CLOSED) größer sein, als die Spielentwicklung (OPEN). Bei den anderen Zielgruppen, sprich: den jugendlichen Freizeitspielern, den Erwachsenen und Senioren, wird der Aspekt der Spielentwicklung wichtiger.
»Sportliche« Forderung
Es spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, alle Zielgruppen »sportlich« zu fordern. Je älter die Tennisspieler werden, um so wichtiger ist es jedoch für den Trainer zu wissen, ob sie Verletzungen haben/hatten und wie ihr kardiovaskulärer Zustand ist. Ich erinnere mich noch an meinen Schock, als ein Schweizer Teilnehmer an einem Drillkurs zu Kursende berichtete, dass er vor einigen Monaten mehrere Bypässe gelegt bekommen hat.
Spezialschläge vs. Umkrempeln
»Umkrempeln« ist aus meiner Sicht ein absolutes »no-go«! Wenn Du einem Seniorenspieler die Technik nochmals »da capo« beibringen willst, so wirst Du sie/ihn in ein monatelanges Tal der Tränen ohne Erfolg schicken. In Konsequenz wird der Senior möglicherweise dem Tennissport »Auf Wiedersehen« sagen. Spezialschläge beibringen geht hingegen immer — entsprechende koordinative Fähigkeiten und Geduld vorausgesetzt. Ich erinnere mich noch allzu gerne an das Gesicht eines Physik-Professors der RWTH Aachen, Freizeitspieler und mit Eastern-Vorhandgriff aufschlagend, als er seinen ersten Kick-Aufschlag mit höherer Flugkurve und ansprechender Rotation ins Feld setzte. Möglicherweise war es von Vorteil, dass ich ihm etwas von der »Magnus-Kraft« erzählen konnte.
Grundsätzlich steht es uns als Tennislehrer/-trainer nicht zu, einem Spieler (s)einen Schlag zu nehmen. Es ist viel erfolgsversprechender, dem Spieler einen neuen, zusätzlichen Schlag beizubringen. Bernd, gerne stehe ich für weitere Fragen zur Verfügung!
Nehmen wir einmal an, zwei Tennislehrer haben exakt die gleiche Ausbildung. Sie haben beide dieselben Kurse besucht, dasselbe Unterrichtsmaterial erhalten, dieselben Worte gehört, dieselben Ausbilder gehabt. Nach Abschluss ihrer Ausbildung und bestandener Prüfung mit nahezu identischem Ergebnis beginnen beide in zwei ähnlich großen Strukturen in der gleichen Region zu arbeiten.
Einer der beiden, nennen wir ihn/sie der Einfachheit halber »S« hat binnen kürzester Zeit großen Erfolg. »S« hat nicht nur auf Anhieb die Altmitglieder des Clubs gewinnen können, sondern hat auch über Mund-zu-Mund-Propaganda bereits zahlreiche Neueinsteiger ins Tennis generieren können.
Sein Kollege, nennen wir ihn der Einfachheit halber »H« hat sich in seiner Struktur trotz gleicher Ausbildung und Fachkenntnisse deutlich schwerer getan. Die Anzahl der Trainerstunden ist sogar in kurzer Zeit leicht rückläufig geworden, die Mitglieder beginnen über »H« zu reden und der Vorstand beginnt nervös zu werden.
Was ist hier passiert? Beide sind fachlich gut qualifiziert und spielen ordentliches Tennis. Weshalb hat »S« solchen Erfolg und »H« trotz der gleichen Ausbildungsvita nicht in gleichem Maße? Was macht den Unterschied, der den Unterschied macht und zu mehr Erfolg und zu größerer Zufriedenheit im Beruf führt?
»Hard Skills«
»Hard Skills« sind für mich die unerlässlichen fachlichen und tennisspezifischen Kompetenzen, die ein Tennislehrer/-trainer haben muss. Jeder, der den Beruf des Tennislehrers anstrebt, sollte eine offiziell anerkannte Ausbildung des nationalen Tennisverbandes absolvieren und mit Erfolg abschließen. Die in den offiziellen Ausbildungen enthaltenen Inhalte garantieren die im Folgenden angeführten Kompetenzen:
offiziell anerkannte Ausbildung und Fachwissen
Demonstrationsfähigkeit
Technikentwicklung
Schlaganalyse und ‑optimierung
Taktik-/Spielentwicklung
Zuspielfähigkeit
Effektive Übungs-/Trainingsformen
Organisation von Gruppen
Planung — Programmierung — Leistungssteuerung
Auf jeden Fall ist klar: die tennisspezifischen »Hard Skills« sind alternativlos! Wer diese nicht beherrscht, sollte sich für einen anderen Beruf entscheiden. In unserem anfangs erwähnten Beispiel waren die »Hard Skills« in beiden Fällen zweifelsfrei gegeben. Was hat also zum größeren Erfolg von »S« beigetragen?
»Soft Skills«
Unter »Soft Skills« verstehe ich in erster Linie die kommunikativen Fähigkeiten und Kompetenzen eins Menschen. Kommunikation ist ein Zyklus, an dem mindestens zwei Menschen beteiligt sind. Eine Kommunikation, ein äußeres Verhalten von Person A löst in Person B eine innere Reaktion aus, die wiederum zu einem äußeren Verhalten führt.
Kommunikation findet mit Worten, der Stimmqualität und dem Körper statt. Körperhaltung, Gestik, Mimik.
*Quelle: Mehrabian/Ferrus: „Inference of Attitudes from Nonverbal Communication in Two Channels! in The Journal of Counseling Psychology 31, S. 248–252, 1967
Professionelles Verhalten
Nehmen wir diese Studie als gegeben an, so ergeben sich hier für einen Tennisunterrichtenden echte Herausforderungen. Sie sind unter ständiger Beobachtung ihrer Kunden, der Eltern von Kindern und Jugendlichen und des Vorstandes. Ein professionelles Auftreten und Verhalten wird von all jenen sowohl »on Court« als auch »off Court« erwartet. Offene Tennisschuhe auf dem Platz, ein ungepflegter Overgrip, ein vom Supermarkt vom Himmel gefallener Ballwagen sind genauso undenkbar, wie die Benutzung des Handys während einer Trainingssession. All’ diese Aspekte sind eine Erweiterung zur Körpersprache (siehe oben). Im weitesten Sinne hat ein Tennislehrer eine Vorbildfunktion hinsichtlich der Professionalität für alle seine Kunden, die Clubmitglieder und den Vorstand.
Kundenwissen & Kommunikation
Was nützt mir aber die beste Ausbildung, das grösste Fachwissen, wenn ich es nicht mittels einer kundenadäquaten Kommunikation vermitteln kann? Die Herausforderungen für einen Tennisunterrichtenden sind hier groß. Wenn wir von einem »normalen« Club- oder Vereinstrainer ausgehen, so hat er/sie es mit Kindern, jugendlichen Freizeit- und Leistungsspielern, Erwachsenen und Senioren zu tun. Jede dieser Zielgruppen verlangt eine andere Art der Kommunikation. Will ein Trainer erfolgreich sein, so muss er wissen, was die jeweilige Zielgruppe will und was sie nicht will. Die Kenntnis dieser Faktoren gibt ihm/ihr die Möglichkeit, in Konsequenz das Verhalten anzupassen.
Hier erlaube ich mir eine Frage: Sind die Ausbildungen der nationalen Verbände nur fachspezifisch oder sind sie auch berufstauglich? Meiner Erfahrung nach sind die Ausbildungen der meisten nationalen Verbände auf sehr hohem Niveau und auch vergleichbar. Im Berufsbild des Tennislehrers haben wir es jedoch auch mit einem »Human Business« zu tun, das heißt, ich muss die Botschaft Zielgruppengerecht vermitteln können.
Die «Professional Tennis Registry« (PTR) bietet verschiedene Spezialisierungen für Tennisunterrichtende an: Tennis 10 & Under, Tennis 11–17 (jugendliche Freizeitspieler), Performance (jugendliche Leistungsspieler), Erwachsenen- und Seniorentennis. In ihren Workshops werden die notwendigen Informationen über die Bedürfnisse und Wünsche der jeweiligen Zielgruppen vermittelt und deren Befriedigung geschult. Dies stellt für mich eine optimale Ergänzung zu den nationalen Ausbildungen dar.
Konklusion
Ohne »Hard Skills« geht gar nichts. Meiner Ansicht und Erfahrung nach sind es die »Soft Skills«, die den Unterschied machen. Wie werde ich als Mensch wahrgenommen? Die Feedbacks, die ein Tennisunterrichtender erhält, beziehen sich fast ausschließlich darauf, wie er mit den Menschen umgeht, die ihm vertrauen, wie seine Charakterqualitäten sind und in wie weit er ein Vorbild ist — nicht ob und wie er einen Topspin beigebracht hat. Spieler erinnern sich nicht an bestimmte Techniken, irgendwelche Drills oder Unterrichtsphilosophien. Sie erinnern sich an Coaches und daran, wie diese Coaches sie als Person behandelt haben und welchen Einfluss sie auf ihr Leben hatten!
Hallo Herr Schnaubelt. Ich bin DTB-B-Trainerin und in meinen zwei Vereinen, die ich betreue, sehr aktiv und erfolgreich. Gleichwohl bin ich selbstverständlich immer auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten. So frage ich mich, wie ich meine Trainingsstunden noch effektiver gestalten könnte. Wie teilen Sie, lieber Herr Schnaubelt, Ihre Trainingsstunden in der Regel prozentual auf? Sprich: Aufwärmen, Warmschlagen, Übungen, Abschlussspiele und Cool-Down?! Eine Trainingsstunde geht ja viel zu schnell um, deshalb bin ich größtenteils schon auf 90-Minuten-Einheiten gegangen, was bei meinen Schülerinnen und Schülern super ankommt. Freue mich auf Ihren Input hinsichtlich der Stundenstrukturierung!
Herbert Schnaubelt: Hallo und vielen Dank für die Frage. Wir, die Professional Tennis Registry (PTR), arbeiten seit 2012 mit durchstrukturiertem Tennisunterricht und bilden hierbei erfolgreiche Trainer aus. Unsere PTR-Struktur für die verschiedenen Alters- und Zielgruppen:
Warm Up
Einspielen (Spielsituation)
Technikentwicklung/-optimierung
Taktikentwicklung/-optimierung
Cool Down
Unserer Philosophie folgend, denken wir eher an »Kunden« denn an »Schüler«. Aus diesem Grund ergänzen wir über den fachlichen Aspekt hinaus unsere Performance mit: »Welcome« & Warm Up & Cool Down & »Verabschiedung«. Darüber hinaus informieren und schulen wir die Teilnehmer an unseren Spezialisierungen (Tennis 10 & Under — Tennis 11–17 — Performance — Adult/Senior Tennis) darin, was die jeweilige Zielgruppe kann bzw. noch nicht kann, was sie mag und was sie nicht mag. Dies bestimmt, wie wir uns in der Rolle des Tennisunterrichtenden für die jeweilige Ziel-/Altersgruppe zu verhalten haben. »We make a World of Difference« und dies würde ich Ihnen gerne in einem PTR-Workshop verdeutlichen.
Hallo, Herr Schnaubelt! Zunächst gratuliere ich Ihnen zu Ihrer jüngsten Auszeichnung. Ich habe darüber auf der Tennisredaktion gelesen. Bockstark! Bitte teilen Sie mir Ihre Ansichten hinsichtlich der Strenge/Lockerheit eines Vereinstennistrainers mit. Wie ist hier der Spagat zu schaffen? Und letzte Frage: Wann ist für Sie der Punkt gekommen, ein Kind aus der laufenden Trainingsstunde heraus vom Platz zu stellen? Jüngst sah ich mich nämlich hierzu genötigt, weil ein Kind einen seiner Gruppenkollegen dauerhaft verbal gemobbt und ausgelacht hat.
Herbert Schnaubelt: Hallo und vielen Dank für die Glückwünsche! Ich antworte unter dem Motto »Strenge/Lockerheit vs. Klarheit«. Ich bin weder ein Fan von Strenge noch von Lockerheit. Beides ist nicht nötig, wenn Klarheit herrscht. Ist das Einhalten von Regeln »streng«? Ist das Nichteinhaltung von Regeln »locker«? Fakt ist, dass es Regeln bedarf. Auch im Tennisunterricht. Im Idealfall werden diese gemeinsam mit den Kids und Jugendlichen aufgestellt und den Eltern auch zur Kenntnis gegeben. In Ihrem Fall sehe ich die Problematik aus einem anderen Blickwinkel. Wenn Sie genötigt sind, ein Kind vom Platz zu stellen, so ist dies eine »reaktive« Handlung — es ist etwas geschehen und Sie fühlten sich aufgefordert zu handeln. Aus meiner Sicht sollten (und müssen!) die Regeln im Vorfeld aufgestellt werden. Eine proaktive Handlung! Ich nenne es auch gerne »Hausaufgaben«.
Der Prozess hierbei sollte folgenden Regeln folgen:
1. Definition der Regeln
2. Kommunikation der Regeln
3. Zustimmung der Regeln
Die Definition der Regeln lässt Ihnen beliebig Freiraum, um Werte und Verhaltensweisen zu bestimmen. Die Kommunikation sollte in einer kleinen Zeremonie und in Anwesenheit der Kids, der Eltern, des Vorstands und der Trainer erfolgen. Die Zustimmung kann verbal erfolgen: „Seid ihr einverstanden, dass wir…“ Ich bevorzuge jedoch das Format eines »Vertrages«. Die Regeln werden auf ein Poster gedruckt, von allen Beteiligten unterschrieben und im Klubhaus aufgehängt. Machen Sie es wichtig!
Guten Tag Herr Schnaubelt. Ich erarbeite gerade eine kleine Präsentation meiner selbst zur Darstellung in der Öffentlichkeit, um meine Dienstleistungen im Tennissport zu bewerben (Training, Veranstaltung von Clubturnieren, Besaitungsdienst, Materialverkauf). Diese Darstellung soll möglichst bodenständig sein, nicht überzogen. Dennoch gehört Trommeln ja bekanntlich zum Geschäft. Haben Sie da aus Ihrer enormen Erfahrung heraus einen Leitfaden, was in eine solche Präsentation gehört und was man vielleicht besser weglassen sollte? Ich bin frisch gebackener B‑Trainer Leistungssport des DTB und ambitionierter LK-Spieler (aktuell LK6, Tendenz steigend).
Herbert Schnaubelt: Vielen Dank für Deine Frage. Die Fragen, die Du Dir stellen solltest, lauten: WER bist Du durch Tennis geworden? Beantworte das »WARUM«, das »WAS« und das »WIE« — WARUM sollte am Anfang stehen. Warum tust Du, was Du tust? WAS gedenkst Du zu tun? WIE gedenkst Du das zu tun? Lasse alles weg, was nicht stimmt oder unwahr ist. Gerne schaue ich mir Deinen Entwurf an und gebe Dir ein zusätzliches Feedback. Beste Grüße, Herbert.
Hallo Herr Schnaubelt! Was halten Sie von Online-Aus- und Fortbildungen, Zoom-Meetings etc.? Sind Sie selbst in diesem Bereich auch aktiv? Glauben Sie, dass diese Online-Geschichten auch nach Corona Zukunft haben werden? Ich hoffe jedenfalls nicht! Ich persönlich bin doch sehr für Live-Events mit physischer Präsenz irgendwo vor Ort. Viele Grüße und bleiben Sie gesund!
Herbert Schnaubelt: Vielen Dank für Deine Frage! Ja, auch ich bin ein »Zoom-Zombie«! Da ich international tätig bin, sind Zoom-Meetings ein probates Mittel. Bedingt durch die Pandemie war dies quasi die einzige Möglichkeit, Aus-/Fortbildungen zu organisieren. Auch ich bevorzuge Events mit physischer Präsenz, habe jedoch auch gelernt, den Zoom-Meetings ihren Vorteil abzugewinnen. Übrigens: Die PTR hat das diesjährige Symposium als reines virtuelles Format organisiert und hat über 1.500 Teilnehmer gehabt. Für 2022 ist eine hybride Form (physische und virtuell) geplant. Diese Form wird meiner Ansicht nach die Zukunft sein. In der Evolutionsgeschichte war es erst die stärkere Spezies, die überlebt hat, später dann die schnellere Spezies. Jetzt ist die »flexiblere« Spezies gefragt.
Hallo, Herr Schnaubelt! Ich freue mich, Ihnen heute eine Frage stellen zu dürfen, möchte Ihnen aber vorab zu Ihrer jüngsten PTR-Auszeichnung gratulieren. Meine heutige Frage: Wie kommuniziere ich als Vereinscoach den Tenniseltern, dass ich deren Engagement zwar sehr schätze (ohne die Eltern geht schließlich nichts, denn sie zahlen und fahren die Kinder von A nach B!), ich sie aber dennoch nicht direkt am Trainingsplatz, geschweige denn Ball sammelnd oder auf der Bank sitzend auf dem Platz sehen möchte? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dies meine Arbeit ungemein einschränkt und meine Tenniskids in ihren Aktionen immens eingeschränkt und gehemmt wirken. Diese Erfahrung werden Kolleginnen und Kollegen sicherlich auch bereits gemacht haben. Ich hoffe, Sie haben da eine Vorgehensweise, die sich national wie international bewährt hat?! Liebe Grüße aus Berlin!
Herbert Schnaubelt: »Eltern on court, off court, no court« — diese Progression sehe ich als sehr gefährlich an. Ich kenne international anerkannte Akademien, die den Zugang zu den Trainings-Courts schlichtweg allen (außer den Spielern und dem Staff der Trainer) verbieten. Die Argumente sind wohl überall ähnlich. Die Spieler sind weniger fokussiert, weil die Eltern zuschauen und/oder sich in irgendeiner Form einmischen. Die Akademien haben es in diesem Kontext aus meiner Sicht einfacher, da es sich um wirtschaftlich orientierte Unternehmungen handelt, die ihr Credo und ihre Regeln veröffentlichen und wem dies nicht passt, der kann ja gehen. Zitat Nick Bollettieri: „It’s my way or the highway!”
Auf Vereinsebene sehe ich diese Situation komplexer.
Ohne die Eltern geht nichts! Sie zahlen und haben ein (gewisses) Recht, sich zu informieren, wie das Training aussieht und abläuft. Ebenso wie die Vereins- oder Klubführung. Von daher spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, wenn aus einer gewissen Distanz und auf jeden Fall von außerhalb des Platzes zugeschaut wird. Das müssen sowohl die Kinder als auch Sie als Trainer aushalten können! Hier gilt es auch zu beachten, dass Kinder bis zu ca. 8 Jahren noch die Sicherheit der Anwesenheit von Elternteilen oder von Opa/Oma brauchen und diese in der Nähe wissen wollen.
Was nicht geht, sind verbale Einmischungen oder wie von Ihnen geschildert, das Bälle sammeln auf dem Platz. Auch hier wieder haben wir es mit einer Situation zu tun, in der Sie »reaktiv« sind. Sie reagieren auf etwas was geschieht bzw. geschehen ist und haben diese Situation weder antizipiert, noch im Vorfeld geklärt, wie Ihr Training abläuft. Klären Sie deshalb im Vorfeld, wie Ihr Training ablaufen soll! Informieren Sie Verein und Eltern hierüber! Auch wenn die Absichten eines ballsammelnden Opas durchaus positiv zu bewerten sind, so trägt dies nicht zur Erziehung, zur Autonomie bei (genauso wenig wie das Tragen der Kindertennisschläger vom Parkplatz zum Court).
Mit einem Satz aus Ihrer Frage habe ich jedoch ein Problem: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dies meine Arbeit ungemein einschränkt und meine Tenniskids in ihren Aktionen immens eingeschränkt und gehemmt wirken.“ Wie genau wird ihre Arbeit eingeschränkt? Und wie genau werden die Tenniskids in ihren Aktionen eingeschränkt und gehemmt? Hier benötige ich mehr Infos, um Ihnen besser antworten zu können.
Rückmeldung des Lesers
Lieber Herr Schnaubelt, Danke für Ihre Antwort! Mit eingeschränkt und gehemmt meine ich, dass sich doch Trainer und Schüler naturgemäß anders verhalten, wenn sie alleine arbeiten, als wenn die Eltern oder Oma und Opa das Training mit Argusaugen verfolgen. Mein Training beispielsweise basiert auch auf jeder Menge Spaß und die Kids auch mal machen zu lassen. Sprüche wie „Und für das Rumalbern bezahlen wir?“ oder „Ich dachte, das sei Tennistraining!“ wenn wir mal mit einem Hockeyspiel zum Aufwärmen in die Unterrichtsstunde starten, sind nicht selten. Ich denke, ich spreche sicherlich für viele Trainerkolleginnen und ‑kollegen, wenn ich sage, dass Coach und Schüler einen Schalter umlegen (müssen), wenn sie derart beobachtet werden. Eine Mutter konfrontierte mich gar einmal mit einer Strichliste, wer in der Gruppe (U10) in der Stunde wie viele Bälle schlagen durfte…
Herbert Schnaubelt: Es bleibt für mich dabei: Wenn Eltern und/oder Verein nicht darüber im Vorfeld informiert sind, was und warum im Training beinhaltet ist und durchgeführt wird, kann sich ein Problem ergeben. Meine folgende Aussage bitte nicht persönlich nehmen! Wenn das Training (oder das was Eltern als »Rumalbern«, oder der Trainer als einfach mal machen lassen bezeichnen) nicht so packend interessant ist, werden die Augen der Kinder offcourt zu den Eltern/Großeltern gehen. Du schreibst:
„Ich denke, ich spreche sicherlich für viele Trainerkolleginnen und ‑kollegen, wenn ich sage, dass Coach und Schüler einen Schalter umlegen (müssen), wenn sie derart beobachtet werden.”
Wenn Trainer einen Schalter umlegen müssen, wenn sie beobachtet werden, stimmt per se etwas nicht! Die Qualität des Trainings und die Performance des Trainers können und dürfen nicht davon abhängen, ob das Training unter Beobachtung stattfindet oder nicht. Die Strichliste hingegen ist für mich ein Indiz, dass Eltern beunruhigt sind, was Intensität oder Gleichbehandlung innerhalb des Trainings angeht. Am liebsten würde ich Ihnen eine Supervision der Situation (Training, Verein, Eltern) anbieten. Ich denke, dass in diesem »Bermuda-Dreieck« ein Konfliktpotential besteht, welches verstanden und ausgeräumt werden will.
Hallo Herr Schnaubelt! Im Sport wird sich ja gemeinhin geduzt. Wie soll es ein Trainer Ihrer Meinung nach in Bezug auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen halten?! Sollen diese den Trainer duzen oder siezen?! Ich selbst bin 42 Jahre alt und gebe Unterricht für Kinder und Jugendliche jeden Alters!
Herbert Schnaubelt: Hier gibt es aus meiner Sicht keine allgemein gültige Lösung. Dies ist eine individuelle Entscheidung eines jeden Trainers. Von daher ist meine Antwort sehr von meiner eigenen Einstellung geprägt. Etwas Historisch betrachtet wurde das »Sie« benutzt, wenn die Person nicht bekannt war, nicht zur Familie gehörte oder wenn ein Altersunterschied Kind/Jugendlicher zu Erwachsenem gegeben war. Wie lange müsste also ein Kinder-/Jugendtraining laufen bis Du den Kids »bekannt« geworden bist. Gehst Du dann in der Mitte der Saison zum »Du« über? Nimmst Du den Altersunterschied als Kriterium, so wird es wohl immer beim »Sie« bleiben. Zu meiner aktiven Trainertätigkeit war meine Einstellung hierzu folgende: ich habe alle Kinder &und Jugendliche geduzt und sie durften dies auch ich habe Erwachsene/Senioren gefragt, ob wir das »Du« benutzen können und darauf verwiesen, dass ich auch das »Sie« perfekt beherrsche.
Hinter Deiner Frage verbirgt sich aus meiner Sich eine andere Thematik: Respekt. Ich persönlich bin der Überzeugung, dass Respekt keine »künstliche« Unterstützung durch das »Sie« braucht. Der nötige Respekt wird durch Kompetenz, Kommunikation und Kontinuität verdient. Kids & Juniors kapieren sehr schnell, ob ihr Trainer vorbereitet ist und eine Trainingsplanung mit klar definierten Zielen hat. Ebenso, ob der Trainer ihnen schnell und effektiv helfen kann. Sie wollen/brauchen klare Kommunikation und einen Trainer, der sich kontinuierlich verhält. Kurz gesagt: Werde Vorbild und dass »Siezen« erübrigt sich. Treffe eine Entscheidung und lasse mich gerne die Begründung wissen! P.S.: Auch wenn ich Dich in meiner Antwort duze, mangelt es mir nicht an Respekt Dir gegenüber.