Burnout
Eine kleine Story aus meiner Racket-Bag. Es ist Montagnachmittag. Tim hat am Wochenende davor ein richtig gutes Turnier gespielt und sich bis ins Finale gekämpft. Das hatte er mir ganz stolz per SMS geschrieben. Schon nach einer Viertelstunde auf dem Trainingsplatz merke ich, dass mein Tennisschüler total kaputt ist. Ich unterbreche die Trainingseinheit und frage nach. Tim erzählt mir, dass er in drei Turnierspielen über zwei Stunden kämpfen musste, um seine Gegner nieder zu ringen und danach (logischerweise) fertig war. Die Niederlage im Finale war eigentlich vorprogrammiert, weil konditionell schlichtweg nichts mehr ging. Sicherlich wird sich Tim für die Zukunft eine bessere Grundkondition antrainieren müssen, um solche kraftreibenden Turniere bis zum Schluss durch stehen zu können. Aber, das geht nicht von heute auf morgen und vor allem nicht mit einem »kaputten« Sportler. Kurzerhand breche ich die Trainingseinheit ab und empfehle Tim, sich zuhause einen »Ruhigen« zu gönnen und etwas zu »chillen«.
Kaum eine Stunde vergeht, da klingelt mein Handy und der erboste Vater von Tim regt sich lauthals darüber auf, was mir hier einfalle, einfach eine Trainingseinheit vorzeitig zu beenden. Ich habe dem guten Mann erklärt, dass ich diese Stunde nicht berechne. War ihm egal! Ich habe ihm von der »10.000-Stunden-Regel« erzählt und auch davon, dass eine lasche Trainingseinheit nichts bringen würde. War ihm egal! ich sagte ihm, dass Regeneration manchmal sehr viel hilfreicher ist, als schlechte Arbeit. Auch das war ihm scheißegal! Nach ein paar Tagen habe ich Tims Vater getroffen und versucht, ihm die oben genannten Fakten noch einmal in aller Ruhe und Deutlichkeit klar zu machen. Leider ohne Erfolg! Er war der unumstößlichen Überzeugung, sein Sohn sei einfach nur zu faul zum Arbeiten, sich öfter mal ne Pause gönnen! Punkt. Tim gehört zu den Jungs, die nicht mehr mit mir trainieren. Nein, er war nicht zu faul. Er hat bis zum Umfallen »gearbeitet«. Leider habe ich seinen Vater in diversen Gesprächen nicht von seinem Standpunkt, sein Sohn sei nur ein »Weichei«, abbringen können. Schade für Tim!
Wenn Euer Kind müde und ausgepowert von einem Turnier kommt, gönnt ihm doch einfach auch einmal eine Pause. Es regeneriert innerhalb dieses Tages großartig und wird danach wieder qualitativ und mit Spaß arbeiten können. Hat Euer Kind über einen langen Zeitraum gut und intensiv trainiert und eventuell auch noch Turniere gespielt und läuft es deshalb vielleicht ein bisschen auf dem »Zahnfleisch«, gönnt ihm eine Auszeit. Von mir aus auch einmal über mehrere Tage. Erstens einmal kann es sich erholen und auf Grund dessen wieder topfit und intensiv spielen. Es ist danach wieder hochmotiviert, engagiert und mit Freude bei der Sache! Dafür lohnt sich eine kleine Auszeit allemal! Meine Erfahrung hat gezeigt, dass die Kids, gerade nach einer mehrtägigen Unterbrechung von sich aus daher kommen und quengeln: „Hey, ich will wieder trainieren!“ Genau das sollten Eltern und Coaches hören wollen! „ICH WILL!“
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